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Netzwerk Zukunftsforschung

Neues aus dem Netzwerk Zukunftsforschung 2018

  1. Dr. Edgar Göll IZT - Institut für Zukunftsstudien und Technologiebewertung gemeinnützige GmbH

Zusammenfassungen

Der kurze Beitrag fasst die wichtigsten Aktivitäten des Netzwerk Zukunftsforschung im vergangenen Jahr 2018 zusammen.

This short summary outlines the most important activities of the German speaking Netzwerk Zukunftsforschung in the year 2018.

Keywords

1. Masterstudiengang Zukunftsforschung

Zu Beginn des Jahres erreichte das Netzwerk die überaus erfreuliche Nachricht: nach längeren Verhandlungen in den Gremien der FU Berlin wurde der Weiterbestand des so wichtigen und erfolgreichen Masterstudiengangs Zukunftsforschung in der Erziehungswissenschaftlichen Fakultät beim Institut Futur beschlossen. Organisatorische Aufgaben werden von der Ernst-Reuter-Gesellschaft übernommen. Im jüngsten Jahrgang dieses Studiums sind 30 Studierende eingeschrieben und – so die bisherigen Eindrücke – sehr interessiert und motiviert bei der Sache. Mehrere Mitglieder des NZF lehren in dem Studiengang.

2. Arbeitsgruppentreffen „Gute Analyse – und dann?“

Im Februar und im Juni fanden die vorgesehenen Workshops der AG Methoden des NZF in Kooperation mit dem Referat Zukunftsanalyse des Planungsamts der Bundeswehr in Berlin-Köpenick statt. Der Titel lautete „Gute Analyse – und dann?“. Als erster Referent konzentrierte sich Prof. Dr. Renn (IASS) auf die „wissenschaftliche Politikberatung zwischen Wahrheitsanspruch und Legitmitätsbedürfnis“. Die Wissenschaft habe heute offensichtlich große Probleme, ihrem ursprünglichen Anspruch „Truth speaks to Power“ gerecht werden zu können. Dafür verantwortlich zeichnet er drei Wenden in der Wissenschaft: die Komplexitäts-, die stochastische und die linguistische Wende. Bei all der Unsicherheit bietet das wissenschaftliche (Folge-)Wissen jedoch immer noch verlässlichere Orientierung als subjektives Erfahrungswissen. Neben der Neugierde-getriebenen (Grundlagen-)Wissenschaft und der zielorientierten Wissenschaft ist hier vor allem die von Renn als katalytisch bezeichnete Wissenschaft wichtig, bei der es u.a. darum geht, konstruktive Beziehungen bzw. Netzwerke aufzubauen, Politikberatung als Prozess zu verstehen und entsprechend zu gestalten.

Darauf bezugnehmend verglich Frau Dr. Schneider (Bundeskanzleramt) in ihrem Vortrag „Gute Beratung? Die Sicht der Politik und Verwaltung“ die derzeitige Situation im Bereich der wissenschaftlichen Politikberatung mit der Metapher eines „Rosenkriegs“. Beide Seiten hätten sich demnach in ihren unterschiedlichen Rollen eingerichtet und gar „verschanzt“. Demgegenüber gelte es, wieder in eine Art „Verliebtheitsstatus“ zu kommen, den Anderen mit Interesse wahr- und ernstzunehmen, und „Beratung als Beziehung“ zu sehen, die angemessen zu pflegen sei. Probleme sieht sie u.a. in dem gegenwärtigen Misstrauen der BürgerInnen, dass Politik Bürgerbeteiligung auch wirklich „ernst“ meint.

Als dritter Referent berichtete Dr. Theiler (Zukunftsanalyse/Bundeswehr) aus dem „Maschinenraum – aus der Praxis intra-ministerieller Politikberatung“ über die Probleme, die u.a. falschen bzw. überzogenen Erwartungshaltungen sowie der politischen Korrektheit und Genehmigungshierarchien geschuldet sind. Eine Herausforderung bestehe auch in dem Umstand, dass das Dringende dem Wichtigen gegenüber oft priorisiert wird. Anhand des Strategy Compass der britischen National School of Government verdeutlichte er die Probleme, die mit Wissensmanagement und oft mit dem Problem der „Staffelstabübergabe“ einhergehen („institutionelles Gedächtnis“). Aus seinem Erfahrungsbereich erwähnte er als Lösungsmöglichkeit den Aufbau von Projektgruppen, die sich hierfür als hilfreich erweisen könnten.

Im Anschluss an die einleitenden Vorträge wurden im Format eines Salons Fragen an die ReferentInnen gerichtet sowie Statements der TeilnehmerInnen Raum gegeben und diskutiert. Danach wurde in Arbeitsgruppen über Erfahrungen mit den wesentlichen Beratungsphasen Planung, Umsetzung und Kommunikation diskutiert. Abschließend wurden für den Bereich von Politik und Verwaltung folgende Anregungen formuliert:

  • kontinuierliche Weiterbildung der Mitarbeiter in ihrem (ursprünglichen) Fachgebiet, um sie mit Neuerungen in ihrem eigenen Feld der Expertise vertraut zu machen;

  • Ressortdenken überwinden;

  • wissenschaftliche Politikberatung nicht nur auf Staatssekretärsebene/Abteilungsleiter-Ebene, sondern auch auf der Arbeitsebene der ReferentInnen, weil dort die konkrete fachliche Arbeit sowie die Vorbereitung von hausinternen Entscheidungen für Vorgesetzte erfolgt.

Im Rahmen des zweiten Workshops ging es um die Frage: „Wie kann dazu beigetragen werden, dass mit den Ergebnissen einer Zukunftsstudie etwas Angemessenes gemacht wird?“ Zum thematischen Einstieg in die Arbeit referierte Dr. Brozus von der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) über eine aktuelle SWP-Studie über Beispiele von unerwarteten Entwicklungen in der internationalen Politik sowie über die Anwendung von Foresight in der SWP. In seiner Präsentation „Während wir planten“ konstatierte Dr. Brozus eine steigende Nachfrage an Früherkennungs- und Zukunftsstudien. Dadurch gewinne die Herausarbeitung von Qualität und „Alleinstellungsmerkmalen“ für Studiendesign und Management an Bedeutung.

Wie nun kann Früherkennung verbessert werden? Hierzu nimmt Dr. Brozus den gesamten Foresightprozess, von der Analysenerstellung über das Forschungsmanagement bis hin zur Ebene der Entscheidungen in den Blick. Es zeige sich, dass insbesondere im Bereich der Prognose beachtliche Fortschritte erzielt werden konnten und auch die strategische Vorrauschau könne mithilfe methodischer Innovationen, optimiertem Management und aufgeschlosseneren Entscheidungsträgern ausgebaut werden. Doch werde ebenfalls deutlich, dass Überraschungsrisikos zwar verringert, aber nicht überwunden werden können. Des Weiteren rufe eine bessere Früherkennung gleichzeitig sogenannte „Mehr-Ebenen-Probleme“ hervor, welche den Druck auf präventive Handlungen erhöhten und folgend politische Handlungsspielräume stark einengten. Denn falls die Ergebnisse und Schlussfolgerungen aus Früherkennungsstudien bestimmte Entscheidung nahelegen würden, würde dies das Entscheidungsspektrum der Entscheider deutlich einschränken und den Legitimationsdruck bei abweichenden Entscheidungen deutlich steigern. In diesem Kontext liegt nach Herr Dr. Brozus auch eine besondere Gefahr der Politisierung aus beiden Richtungen: von oben und von unten. So wären offene evidenz-basierte Policies bei extremer Einflussnahme von Seiten der Entscheidungs- auf die Arbeitsebene nur schwerlich möglich.

Im Anschluss an den einleitenden Vortrag wurden Fragen von Teilnehmenden vorgebracht sowie zahlreiche Statements unter den Teilnehmenden diskutiert. Ein erster Kommentar nahm Bezug auf die im vorliegenden Kontext unterschiedlich verwendeten Begrifflichkeiten von Früherkennung, strategischer Vorausschau, Foresight und Zukunftsforschung. Um hier Missverständnissen und Unklarheiten vorzubeugen, sollten auch in der Arbeit an Zukunftsstudien zentrale Begriffe klar definiert und formuliert, also auf die Verwendung einer eindeutigen Terminologie geachtet werden. Hierzu wurde die Idee geäußert, ein Glossar von wichtigen Begrifflichkeiten der Zukunftsforschung zu erstellen.

Auf die Herausforderungen bezugnehmend werden durch die Teilnehmenden des Netzwerktreffens verschiedene Lösungsansätze diskutiert. Ein Teilnehmer schlägt vor, insbesondere für Auftragsforschungen, die Relevanz und Nutzeffekte der Forschungsergebnisse für den jeweiligen Auftraggeber als entscheidende Qualitätskriterien mitzudenken. In diesem Zusammenhang sei ebenfalls eine klare Kommunikation sowie die Beteiligung und Einbeziehung von Adressaten in den Forschungsprozess entscheidende Maßnahmen, um falsche Erwartungshaltungen zu vermeiden, um „Verständnis durch Nähe“ sowie eine höhere Akzeptanz beziehungsweise Handlungsmotivation der Adressaten zu erreichen.

Nach dem Mittagessen teilten sich die TeilnehmerInnen in Kleingruppen auf, um im gemeinsamen Diskurs konkrete Lösungsvorschläge für die im ersten Arbeitsgruppentreffen identifizierten Herausforderungen und Probleme in den Politik-bzw. Beratungsphasen der Planung, Umsetzung und Kommunikation zu erarbeiten. Zum Ende der Veranstaltung wurden die Ergebnisse im Plenum geteilt.

Für beide Workshops liegen Dokumentationen vor, die auf der Webseite des NZF aufgerufen werden können.

Dr. Edgar Göll: leitet am Berliner Institut für Zukunftsstudien und Technologiebewertung (IZT) den Forschungsbereich „Zukunftsforschung und Partizipation“

IZT – Institut für Zukunftsstudien und Technologiebewertung gemeinnützige GmbH, Schopenhauerstr. 26, 14129 Berlin, Tel.: +49(0)30-803088-54, E-Mail: e.goell@izt.de

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