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Das Impact-Maturity-Modell (kurz IMM) bildet eine Grundlage für die Wirkungsanalyse und -evaluation u. a. von strategischen Prozessen in der Politik mit ihren Besonderheiten. Es wurde im Rahmen der Evaluation des BMBF-Foresight-Prozesses am Institut für Technologie und Arbeit entwickelt und angewandt. Mit Hilfe des Instruments ließen sich im Rahmen der Impact-Evaluation (mehrstufige) Wirkungen sowohl des ersten als auch des zweiten Zyklus des BMBF-Foresight-Prozesses identifizieren, begründen und in zeitlich-logischer Abfolge abbilden.
Durch die Entwicklung des IMM sollte den Herausforderungen begegnet werden, dass Wirkungen von komplexen Prozessen, wie z. B. dem BMBF-Foresight-Prozess, aufgrund des breiten Zielkanons vielschichtig sind, sich über mehrere Entwicklungsstufen (Reifegrad eines Impacts) hinweg entfalten und der Nachweis eines unmittelbaren Zusammenhangs zwischen Intervention und Wirkung oftmals schwierig sein kann (Amanatidou & Guy 2008; Schartinger et al. 2012). Für ein solches Instrument besteht ein großer Bedarf, da der Druck auf die Verantwortlichen steigt, auch die Wirkungen komplexer, sehr langfristig ausgerichteter Prozesse nachzuweisen. Somit lässt sich das IMM als Ergänzung „klassischer“ Instrumente und Methoden der Wirkungsanalyse und -evaluation (auf einer übergeordneten Meta-Ebene) verstehen. Es unterstützt den Anwender bei der Identifikation und Klassifizierung von Impacts, die dann mit den bekannten und etablierten Instrumenten der Wirkungsanalyse und -evaluation detailliert analysiert und bewertet werden können.
Grundlegend dient das IMM mit seiner Matrix-Struktur als Sortierraster zur Identifikation und Typisierung von Impacts. Dabei liegt die Prämisse zugrunde, dass sich Impacts oft über mehrere Stufen entwickeln, die inhaltlich aufeinander aufbauen – so sind zum Beispiel konkreten Forschungsprojekten in bestimmten Bereichen oft die Entwicklung entsprechender Förderprogramme vorgelagert. Durch die Funktion als Sortierraster lässt sich die Entwicklung eines Impacts über diese verschiedenen Entwicklungsstufen hinweg abbilden. So ließen sich im Rahmen der Analysen zum BMBF-Foresight-Prozess unter anderem Impact-Pfade [1] aufzeigen – eine Abfolge abgrenzbarer, aber inhaltlich miteinander verbundener Ereignisse innerhalb eines Transferprozesses.
Die Betrachtung von Impact-Pfaden ermöglicht einerseits die Identifikation weiterer Impacts, welche beispielsweise eine Voraussetzung für oder Folge von dem analysierten Impact waren. Durch diese Vorgehensweise lassen sich gegebenenfalls Impacts begründen, bei denen ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen initialem Ereignis und beobachtetem Effekt nicht oder nur mittelbar nachgewiesen werden kann. Das IMM kann andererseits projektierend genutzt werden. Ausgehend von einem definierten Impact-Ziel bei einer spezifischen Zielgruppe lassen sich gezielt geeignete Impact-Pfade planen und realisieren. Sinnvolle Zwischenschritte bzw. -ergebnisse, die auf der Grundlage von in der Vergangenheit bereits erfolgreichen Vorgehensweisen und Strategien beruhen, können bei der Planung der Transferprozesse berücksichtigt werden. Darüber hinaus generiert die Analyse wirksamer Impact-Pfade bzgl. der bei der Umsetzung genutzten Methoden und Formate eine Sammlung bewährter Hilfsmittel und Werkzeuge, die eine wirkungsvolle Umsetzung von Transfermaßnahmen versprechen und auf diese Weise methodisch absichern.
Auch wenn das in diesem Artikel vorgestellte IMM speziell vor dem Hintergrund der spezifischen Anforderungen und Rahmenbedingungen des BMBF-Foresight-Prozesses entwickelt wurde, so ist davon auszugehen, dass das Grundprinzip des Ansatzes auch auf andere Anwendungsfälle mit gleicher Problematik übertragbar ist. Die zu Grunde liegende Herausforderung, Wirkungen von komplexen (politischen) Prozessen zu analysieren und nachzuweisen, gewinnt auch in anderen Bereichen immer mehr an Relevanz. So ist das IMM dahingehend ausgelegt, dass es nach entsprechender inhaltlicher Anpassung auch im Rahmen weiterer Impact-Analysen bzw. Evaluation zum Einsatz gebracht werden kann.
Die strategische Vorausschau hat im Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) eine langjährige Tradition. Bereits in den Jahren 1992 und 1993 wurde die erste deutsche Delphi-Studie zur Entwicklung von Wissenschaft und Technik vom damaligen Bundesministerium für Forschung und Technologie in Auftrag gegeben, um Basiselemente für die langfristige forschungs- und technologiepolitische Strategie für das Ministerium zu erarbeiten (Bundesministerium für Forschung und Technologie 1993). Auch mit der Folgestudie „Delphi 98“ und dem Forschungsdialog „Futur“ (2001–2005) wurde das Ziel verfolgt, Leitvisionen für die deutsche Forschungs- und Innovationspolitik (FuI-Politik) [2] zu entwerfen (Bundesministerium für Bildung und Forschung 2003; Cuhls 2013).
Mit dem Beginn des BMBF-Foresight-Zyklus I (2007–2009) etablierte das BMBF dann Foresight als einen dauerhaften Prozess, der in definierten Zyklen angelegt Orientierungswissen für strategische Entscheidungen liefern soll. BMBF-Foresight wurde als „Prozess des Hauses für das Haus“ definiert und sollte eine Dienstleistungsfunktion für die Fachabteilungen und -referate des BMBF erfüllen. Wirkungen außerhalb des BMBF waren insofern eher mittelbar intendiert.
Die Zyklen des BMBF-Foresight-Prozesses bestehen sowohl aus einer Such- und Analysephase als auch aus einer anschließenden Transferphase, in der die jeweiligen Ergebnisse mittelbar über das BMBF in Wissenschaft, Wirtschaft, Gesellschaft und die Politik getragen und weiterentwickelt werden (Abbildung 1). Ende 2014 wurde die Suchphase des zweiten Zyklus des BMBF-Foresight-Prozesses (2012–2014) abgeschlossen. Die darin gewonnenen Erkenntnisse über Herausforderungen und Perspektiven der zukünftigen gesellschaftlichen und technologischen Entwicklungen stehen seitdem öffentlich zur Verfügung (Zweck et al. 2015; Bundesministerium für Bildung und Forschung 2015).
Abb. 1: Der BMBF-Foresight-Prozess. Quelle: Zweck et al. 2015, S. 11
Grundlegend ist der BMBF-Foresight-Prozess als strategisches Instrument angelegt und somit in der Strategieabteilung des Bundesministeriums verankert. Entsprechend sind die BMBF-Fachabteilungen und -Referate auch die primären Adressaten bzw. Stakeholder der Foresight-Ergebnisse und daher auch in die (Weiter-)Entwicklung und Validierung der Ergebnisse des BMBF-Foresight-Prozesses eingebunden. Die Ergebnisse des BMBF-Foresight-Prozesses sollen ergänzend zu den Vorausschau-Aktivitäten der Fachabteilungen neue Impulse und weitere Handlungsfelder für gesellschaftliche Herausforderungen erarbeiten, die übergreifend und insbesondere an den Schnittstellen der etablierten Themenfelder zu verorten sind. Darüber hinaus werden mittelbar über die im BMBF initiierten Impacts sowohl die Institutionen der Forschungs- und Wissenschaftslandschaft sowie Wirtschaft und Gesellschaft als weitere Interessengruppen adressiert. Auch werden ausgewählte, für die Fach-Community und Allgemeinheit relevante Ergebnisse der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt (Zweck et al. 2015; Cuhls et al. 2009).
Begleitet wurde der BMBF-Foresight-Prozess seit dem Zyklus I von einer Evaluation, die sich aus zwei eng miteinander verzahnten Strängen zusammensetzt: einer Prozess- und einer Impact-Evaluation. Während es die Aufgabe der Prozessevaluation war, den BMBF-Foresight-Prozess zu begleiten und kontinuierlich als lernendes System weiterzuentwickeln, befasste sich die Impact-Analyse primär mit der Identifikation und Analyse von den Wirkungen, die durch den Prozess angestoßen wurden. Diese Wirkungsanalyse ist im politischen Kontext von hoher Relevanz, da sowohl die Anzahl als auch Art und Reichweite der identifizierten Impacts unter anderem Indikator für den Erfolg eines Foresight-Prozesses sind. Nach Meissner (2012) ist der Erfolg eines Foresight-Prozesses darin zu sehen, dass langfristig Prioritäten für Wissenschaft und Technologie gesetzt, Netzwerke gebildet und multiple Stakeholder einbezogen werden. Genau dies kann mit Hilfe von Impacts belegt werden. Sie zeigen, inwieweit die erarbeiteten Ergebnisse in Form von bspw. Szenarien, (Forschungs-) Agenden, Forschungsbedarfen und Handlungsempfehlungen von den verschiedenen Stakeholdern aufgegriffen werden und deren Arbeit beeinflussen (Meissner 2012; Amanatidou & Guy 2008).
Um ein möglichst vollständiges Bild über die Wirkungen des BMBF-Foresight-Prozesses zu erzeugen und so seinen Erfolg zu bewerten, ist die Identifikation, Erfassung und Kategorisierung der erkennbaren Impacts notwendig. Im Fokus stehen dabei die primären Adressaten des Prozesses, die BMBF-Fachabteilungen und -referate, bei denen die unmittelbaren Impacts erwartet werden. Die Impacts können dabei sehr unterschiedlicher Natur sein, bei den unterschiedlichsten Zielgruppen in Erscheinung treten oder sich weiterentwickeln, immer konkreter werden und sich inhaltlich verändern. Um diese Entwicklung von Impacts sowie ihren Reifegrad verständlich und leicht handhabbar abzubilden, musste ein entsprechendes Instrumentarium als Hilfsmittel erarbeitet werden, das den spezifischen Anforderungen der FuI-Politik bzw. dem BMBF-Foresight-Prozess angepasst ist. Das in diesem Artikel vorgestellte IMM wurde genau hierfür entwickelt und ermöglicht es, Impacts ergebnis- und prozessorientiert zu typisieren bzw. zu fundieren. Ergebnisorientiert werden Impacts dahingehend charakterisiert, wo welche Effekte feststellbar sind. Prozessorientiert werden Pfade beschrieben, die das Zustandekommen eines Impacts erklären.
Wichtig für das Verständnis und den Einsatz des IMM ist das zugrundeliegende Verständnis des Begriffs „Impact“, der aus dem Englischen übersetzt für Wirkung, Auswirkung oder Effekt steht. Je nach Kontext werden diese Wirkungen jedoch genauer spezifiziert. So definiert zum Beispiel das Development Assistance Committee der OECD im Bereich der Evaluation von Entwicklungsmaßnahmen Impacts als alle positiven und negativen, primären sowie sekundären, langfristigen Auswirkungen, die unmittelbar oder mittelbar, beabsichtigt oder unbeabsichtigt hervorgerufen werden (OECD 2002, S. 24). Impacts sind demnach alle langfristigen Effekte, die sich aus den unmittelbaren Ergebnissen (Output) und deren kurz- bis mittelfristigen Wirkungen, den sog. Outcomes, entwickeln (Rhomberg et al. 2006; Leeuw & Vaessen 2009. Diesen Zusammenhang verdeutlicht Abbildung 2.
Abb. 2: Zusammenhang von Output, Outcome und Impact als Wirkungen eines Foresight-Prozesses. Quelle: Eigene Darstellung nach Leeuw & Vaessen 2009
Im Kontext der FuI-Politik ist jedoch eine solche Definition von Impacts als ausschließlich langfristige Wirkungen nicht zielführend, insbesondere da bereits kurz- und mittelfristige Effekte aufgrund des hohen Wirkungs- und Erfolgsdrucks erfasst werden müssen (Smith 2012). Daher muss dem IMM eine weiter gefasste Definition von Impacts zugrunde gelegt werden, die unter anderem in der Technikfolgenabschätzung Verwendung findet. Demnach sind als Impacts alle unmittelbaren und mittelbaren Effekte ausgehend von einem Prozess und seinen Ergebnissen zu verstehen, die Veränderungen in Bezug auf den Wissensstand, die vertretene Meinung und ausgewählten Handlungen von relevanten Akteuren in der (gesellschaftlichen) Diskussion bewirken (Hennen et al. 2004; Ladikas & Decker 2004; Decker & Ladikas 2004).
Diese Definition geht auch mit Erkenntnissen aus der wissenschaftlichen Forschung zu feldkonfigurierenden Veranstaltungen [3] (Field-Configuring Events) einher. Sie zeigen, dass geplante und organisierte Veranstaltungen sowie die dort stattfindende Interaktion ein wichtiger Treiber für Innovationen und die Ausgestaltung von (Themen-)Feldern sein können (Schüßler et al. 2015; Schüßler & Sydow 2013). Auch Erfahrungen aus der Evaluation des BMBF-Foresight-Prozesses belegen, dass nicht nur die Ergebnisse eines (Foresight-)Prozesses Effekte hervorrufen, sondern bereits die Teilnahme bspw. von externen Fachexperten an Aktivitäten im Rahmen des Prozesses eine Wirkung in der entsprechenden Fachcommunity entfalten kann. Denn die Teilnahme an Aktivitäten ist in der Regel mit einer Erweiterung des Wissens bei den Akteuren verbunden, die wiederum ihre neuen Erkenntnisse bewusst oder unbewusst in ihre zukünftigen Arbeiten mit einfließen lassen. Das bedeutet, dass die Suche nach Impacts parallel mit dem Start der ersten Aktivitäten in einem Foresight-Prozess beginnen muss.
Eine weitere Herausforderung ist die Schwierigkeit, den Zusammenhang zwischen dem Prozess, seinen Ergebnissen und den identifizierten Impacts konkret nachzuweisen. Dabei gilt, je größer die Distanz zum initialen Outcome des BMBF-Foresight-Prozesses wird, desto schwieriger wird es, den Nachweis zu führen, ob und in welchem Umfang ein Impact auf die Aktivitäten des BMBF-Foresight-Prozesses zurückzuführen ist. Der Begriff „Distanz“ beschreibt dabei die Länge des (Entwicklungs-)Weges, über den sich die konkreten Ergebnisse und Informationen aus dem BMBF-Foresight-Prozess (initiales Outcome) über verschiedene (Impact-)Stufen hinweg entwickelt haben. Mit jeder weiteren Stufe, in der die Ergebnisse aufgegriffen, weiterentwickelt und bspw. in Konzepten oder Strategien verwendet werden, erhöht sich die Distanz. Da diese Weiterentwicklung der grundlegenden Information bzw. der Ergebnisse meist implizit erfolgt, erhöht jede weitere Stufe die Schwierigkeit, die Zusammenhänge konkret nachzuweisen.
Aus diesem Grund wird im Rahmen der Impact-Analyse bzw. -Evaluation zwischen faktischen und potenziellen Impacts differenziert. Bei faktischen Impacts lässt sich ein klarer Nachweis führen, dass bestimmte Effekte ursächlich auf Aktivitäten im Zuge von BMBF-Foresight zurückzuführen sind. Hingegen kann bei potenziellen Impacts aufgrund von Indizien nur vermutet werden, dass ein Bezug zum Prozess und seinen Ergebnissen vorliegt. Es handelt sich bei dieser Differenzierung zwischen faktischen und potenziellen Impacts jedoch nicht um eine Dichotomie, da sich die potenziellen Impacts weiter anhand verschiedener Wahrscheinlichkeiten differenzieren lassen. So wurden im Rahmen der Impact-Analyse nur solche potenziellen Impacts aufgenommen, deren Wahrscheinlichkeit als sehr hoch gesehen wurde. Aber auch diese begriffliche Relativierung kann nicht verhindern, dass gegebenenfalls Impacts unberücksichtigt bleiben, deren Bezug zum Prozess und seinen Ergebnissen zu intransparent ist. Dies kann unter Umständen, wie sie beispielsweise im Kontext des BMBF-Foresight-Prozesses aufzufinden sind, und je nach Annahme, ab welcher Wahrscheinlichkeit eine vermutete Wirkung als potenzieller Impact gewertet wird, zu einer Unterschätzung der tatsächlichen Erfolge führen.
Das IMM wurde für die Wirkungsanalyse und -evaluation des BMBF-Foresight-Prozesses entwickelt. Vor diesem Hintergrund mussten bei der Entwicklung des Instruments eine Reihe verschiedenartiger Anforderungen und Prämissen berücksichtigt werden, die aus den besonderen Gegebenheiten in der FuI-Politik (Astor et al. 2014) sowie dem BMBF-Foresight-Prozess selbst resultieren. Die in diesem Kapitel aufgeführten Aspekte definieren wesentliche Rahmenbedingungen für die Entwicklung des Impact-Maturity-Modells und zeigen Perspektiven auf, wie dieses Instrument einzusetzen ist. Im anschließenden Kapitel werden das Vorgehen bei der Entwicklung des Instruments, das Ergebnis dieses Prozesses sowie Nutzenpotenzial und Anwendungsmöglichkeiten beschrieben. Gleichwohl das IMM vor dem Hintergrund der spezifischen Anforderungen und Rahmenbedingungen des BMBF-Foresight-Prozesses entwickelt wurde, ist das Grundprinzip zur Typisierung von Impacts unabhängig von einem spezifischen Anwendungsfall. So lässt sich das Modell nach einer entsprechenden Anpassung für Impact-Analysen und ‑Evaluationen in unterschiedlichsten Bereichen mit ähnlicher oder gar gleicher Grundproblematik einsetzten. Der Umstand, dass ein hoher Grad an Komplexität vereinfacht und übersichtlich dargestellt sowie Wirkungen und Erfolge von Prozessen zeitnah den Ressourcengebern gegenüber nachgewiesen werden müssen, wird zukünftig unabhängig von Disziplinen, Akteuren und Inhalten weiter an Relevanz gewinnen.
Als Multiakteursprozess verfolgt der BMBF-Foresight-Prozess einen mehrdimensionalen Zielkanon, sodass mit inhaltlich breit angelegten Impacts zu rechnen ist, die zudem mittelbar bei einer Vielzahl von erweiterten Zielgruppen in Erscheinung treten können (Schartinger et al. 2012; Miles 2012). Die Verknüpfung gesellschaftlicher und technologischer Entwicklungen im Zyklus II (2012–2014) gibt einen Hinweis auf die mögliche Bandbreite von Foresight-Ergebnissen und der Menge an grundsätzlich möglichen Impacts. Dabei resultieren die Impacts nur selten aus isolierten, mittels linearer Abhängigkeiten belegbaren Aktivitäten. Vielmehr basieren sie oft auf verknüpften und miteinander vernetzten Wirkungsketten, bei denen der BMBF-Foresight-Prozess und seine Ergebnisse nur eine von mehreren Informationsquellen bilden. Insofern müssen sowohl unmittelbare als auch mittelbare, gegebenenfalls über mehrstufige Aktivitätenketten hinweg entfaltete Wirkungen sowie deren Umfang erfasst und dargestellt werden.
Um solch komplexe Wirkzusammenhänge wie die des BMBF-Foresight-Prozesses zu überblicken, muss ein Instrument so angelegt sein, dass es im Sinne der Einordnung von Impacts in allgemeinverständlicher Art und Weise handhabbar ist und im Ergebnis Entscheidungsgrundlagen zur Orientierung durch zusammenfassende Auswertungen der Informationsfülle bietet. Schließlich sind BMBF-interne Strategie- und Programmverantwortliche die primäre Zielgruppe des BMBF-Foresight-Prozesses.
Hierfür ist der politische Kontext zu beachten, in dem Entscheidungen unter strikten Restriktionen, hohem zeitlichen Druck und basierend auf einer Vielzahl von wissenschaftlichen Berichten und Studien getroffen werden. Jedoch sind die bereitgestellten Berichte und Studien aufgrund ihrer wissenschaftlichen Perspektive, Fokussierung und Ausdrucksweise in politischen Entscheidungsprozessen oftmals nicht direkt nutzbar. Da Costa beschreibt dies als ein Bottleneck zwischen Wissenschaftlern auf der einen und politischen Entscheidern auf der anderen Seite – zwei Communitys mit unterschiedlichen Kulturen, Vokabularien, Prozessen und Zeitmaßstäben, wodurch die direkte Kommunikation und der Wissenstransfer erschwert werden (Da Costa et al. 2008; Jacobs 2002). Jedoch ist dieser Transfer von Foresight-Ergebnissen und dem daraus resultierenden Wissen in die politischen (Entscheidungs-)Prozesse einer der erfolgskritischen Faktoren, wodurch nochmals die Relevanz einer engen und klaren Kommunikation deutlich wird (Calof & Smith 2010).
BMBF-Foresight ist als strategischer Prozess des BMBF angelegt, dessen Ergebnisse in anderen (Strategie-)Prozessen genutzt werden können. Das bedeutet, dass insbesondere mit unmittelbaren, direkten Effekten und Wirkungen gerechnet werden muss. Nichtsdestotrotz sind auch darüber hinausgehende Impacts zu erwarten, beispielsweise angestoßen durch die an den Aktivitäten teilnehmenden Akteure innerhalb und außerhalb des Bundesministeriums sowie durch die veröffentlichten Ergebnisse. Impacts sind jedoch erst mit einer gewissen zeitlichen Verzögerung sichtbar. Dies ist darauf zurückzuführen, dass die erarbeiteten Ergebnisse des Foresight-Prozesses zunächst aufgenommen, verstanden und dann weitergedacht werden müssen, bevor sie beispielsweise in Forschungsprojekten, wissenschaftlichen Arbeiten oder Publikationen ersichtlich werden (Havas et al. 2010). Aus diesem Grund ist es von hoher Relevanz für die Impact-Analyse, dass auch schwachen Signalen im Sinne von ersten Hinweisen auf (potenzielle) Impacts Beachtung geschenkt wird.
Der BMBF-Foresight-Prozess verfolgt eine zeitliche Suchperspektive von 10–15 Jahren in die Zukunft und wird selbst in Zyklen von ca. 3–4 Jahren Dauer umgesetzt. Dabei sollten die Ergebnisse des vorherigen Zyklus jeweils aufgegriffen und ggf. aktualisiert werden. Aus einer derartigen zyklusübergreifenden Verwendung und Entwicklung von Foresight-Ergebnissen folgt, dass die Impacts ebenfalls zyklusübergreifend erfasst werden müssen, ohne jedoch den Bezug zum jeweiligen Outcome zu vernachlässigen.
Dies trägt auch dem vorab erläuterten Problem des zeitlichen Verzugs der Impact-Wahrnehmung Rechnung und führt zu der Prämisse, dass das IMM entsprechend von den Zyklen zeitlich unabhängig eingesetzt werden sollte. Das bedeutet, dass nicht nur die Wirkungen ausgehend vom jeweils aktuell laufenden Zyklus betrachtet werden, sondern auch die der vorangegangenen Zyklen. Auf diese Weise lassen sich neben den kurzfristigen Impacts des aktuellen Zyklus auch die Wirkungen in der mittleren und langen Frist der bereits abgeschlossenen Zyklen identifizieren. So wurden im Rahmen der Evaluation des BMBF-Foresight-Zyklus II ebenfalls Impacts analysiert und betrachtet, die auf den bereits abgeschlossenen Zyklus I zurückzuführen sind.
Der Druck seitens Politik und Gesellschaft, Rechenschaft über Leistung, Qualität und Nutzen von staatlich geförderter Wissenschaft und Forschung abzulegen, verstärkt sich schon seit längerer Zeit zunehmend. Gründe hierfür sind zum einen die knappen staatlichen Mittel, zum anderen die Skepsis gegenüber dem selbstbezüglichen Wirken im Wissenschaftssystem. So geraten Forschungsprojekte, übergreifende Forschungsförderprogramme und Forschungsinstitutionen immer öfter in den Fokus einer Evaluation (Kuhlmann 2006). Demnach ist auch davon auszugehen, dass im politischen Umfeld zukünftig wachsende Anforderungen an den Nachweis der Wirksamkeit von BMBF-Foresight gestellt werden.
Angetrieben durch Megatrends wie Digitalisierung und Globalisierung wächst der Innovationsdruck in einer schnelllebigen Zeit stetig an. Dies führt zur Forderung nach kurzfristigen Ergebnissen, deren zeitliche Verfügbarkeit synchron zu den politischen Zyklen getaktet ist und deren Wirkungen entsprechend kurz- bis mittelfristig sichtbar werden. Insofern kommt strategisch geplanten Impacts als Ergebnis impactorientierter Transferstrategien eine immer größere Bedeutung zu. Entsprechend muss das IMM die strategische Planung von Impacts ebenfalls unterstützen, bspw. durch das Aufzeigen möglicher Wirkpfade, über die die verschiedenen Adressaten erreicht werden sollen.
Um den Anforderungen eines Foresight-Prozesses im Kontext der FuI-Politik und insbesondere dessen Wirkungsanalyse gerecht zu werden, wurde das Impact-Maturity-Modell entwickelt. Das Instrument soll primär als Sortierraster für identifizierte Impacts dienen. Dabei wird nicht nur der finale Effekt betrachtet, sondern auch seine spezifische Entwicklung, die unter Umständen über verschiedene Zwischenschritte zustande gekommen ist. Diese grundlegenden Entwicklungsprozesse lassen sich dann gegebenenfalls verallgemeinern und zur Ausgestaltung erfolgversprechender Transferstrategien nutzen. Die zukunftsgerichtete Fortschreibung von sogenannten Impact-Pfaden bietet zudem die Möglichkeit, Potenziale für weitergehende bzw. zusätzliche Impacts zu identifizieren und mit Hilfe geeigneter, impactorientierter Transfermaßnahmen zu erschließen.
Ausgangspunkt für die Entwicklung des IMM war die Herausforderung, Impacts unterschiedlichster Inhalte, Konkretisierungsstufen und zeitlichem Bezug zu den initialen Ereignissen in eine sinnvolle Abbildungslogik einordnen zu können. Daraus ergab sich die Notwendigkeit eines Instrumentariums, das als zweidimensionales Sortierraster die Typisierung und Einordnung dieser Impacts ermöglicht. Als Darstellungsform bot sich eine Matrix an, mit der eine ähnliche Logik wie beim Ansatz von Decker und Ladikas (2004) verfolgt wurde.
Kern ihres Ansatzes zur Typisierung von Impacts ist eine Matrix, in der drei Impact-Dimensionen quer zu den drei typischen Perspektiven einer Technikfolgenabschätzung gelegt werden (Abbildung 3). In der Impact-Dimension wird dabei unterschieden, welche Auswirkungen zu erwarten sind, also ob bei den relevanten Akteuren Wissen generiert, Meinungen und Verhaltensformen geändert oder Handlungen initiiert werden. Dem gegenüber stehen die drei typischen Perspektiven, deren Aspekte im Rahmen einer Technikfolgenabschätzung betrachtet werden können: eine technologisch-wissenschaftliche, eine gesellschaftliche sowie eine politische Perspektive. Durch die Verknüpfung der beiden Dimensionen entstehen neun Kategorien, anhand derer Impacts typisiert werden können (Hennen et al. 2004; Ladikas & Decker 2004; Decker & Ladikas 2004).
Abb 3: Der Matrix-Ansatz nach Decker & Ladikas (2004). Quelle: Eigene Darstellung
Der Ansatz von Ladikas und Decker ermöglicht eine übersichtliche Darstellung sowie eine leichte Handhabung des Instruments (einen komplexeren Ansatz bieten bspw. Hassanzadeh et al. 2015). Für die eingangs skizzierten Anforderungen an die Typisierung von Impacts des BMBF-Foresight-Prozesses greift der Ansatz jedoch zu kurz. Er erlaubt es z. B. nicht, zusammenhängende Entwicklungen über mehrere Stufen hinweg zu analysieren und zu veranschaulichen. Dies bedingt, dass beim IMM – im Gegensatz zum Ansatz von Decker und Ladikas (2004) – beide Dimensionen ordinal skaliert sind, sodass ein „Übergang“ zwischen den einzelnen Kategorien und Stufen sinnvoll abgebildet werden kann.
Für das IMM wurden deshalb zwei ordinal skalierte Dimensionen definiert, die sowohl die Funktion als Sortierraster zur Verortung von Impacts ermöglichen als auch die darüber hinausgehende Analyse von Entwicklungspfaden unterstützen. Zum einen ist dies der jeweilige Konkretisierungsgrad eines Impacts, zum anderen die jeweiligen Adressaten der Ergebnisse bzw. die initiierenden Akteure. Beide Dimensionen und die daraus resultierende IMM-Matrix werden im Folgenden erläutert, bevor auf die beiden grundlegenden Funktionen des IMM vertiefend eingegangen wird.
Die Dimension „Konkretisierungsgrad“ bietet die Möglichkeit, Impacts inhaltlich zu klassifizieren. Sie reicht dabei vom direkten Outcome des BMBF-Foresight-Prozesses über die Nutzung dieser Ergebnisse in strategischen Planungsprozessen bis hin zu konkreten Forschungsprojekten zu Foresight-Themen sowie deren (langfristiger) wirtschaftlicher Verwertung. Letztere Stufe stand jedoch nicht im Fokus des beauftragten Projekts, sodass die Suche nach und die Analyse von Impacts bezogen auf die langfristige wirtschaftlichen Verwertung der Foresight-Ergebnisse nicht explizit vorangetrieben wurde.
Die entsprechenden Stufen dieser Bewertungsdimension des IMM werden wie folgt definiert:
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Outcome:
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Outcome von BMBF-Foresight, z. B. Teilnahme von Experten an Aktivitäten im Prozess oder die Bereitstellung von (Zwischen-)Ergebnissen des Prozesses.
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Schwerpunkt der Aktivitäten: Erarbeitete Foresight-Ergebnisse adressatenorientiert bereitstellen.
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Konzepte:
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Konzepte, in denen (ergebnisorientiert) Bezüge zu BMBF-Foresight-Ergebnissen deutlich werden oder für die Belege für den Transfer solcher Inhalte in eine Konzeptentwicklung existieren.
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Schwerpunkt der Aktivitäten: Foresight-Ergebnisse inhaltlich transferieren, greifbar machen und ihre Anschlussfähigkeit sicherstellen.
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Strategische Planung:
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Strategische Planungsprozesse, in denen BMBF-Foresight-Ergebnisse genutzt werden (Prozessdimension) oder in deren Resultaten (Roadmaps, Förderprogramme) sich Inhalte von BMBF-Foresight wiederfinden (Ergebnisdimension).
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Schwerpunkt der Aktivitäten: Foresight-Ergebnisse strategisch verarbeiten bzw. Strategieprozesse durch Mitglieder des Foresight-Konsortiums aktiv unterstützen.
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Konkrete Forschung:
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Forschungsvorhaben, in denen Inhalte oder Themen von BMBF-Foresight aufgegriffen und weiterentwickelt werden.
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Schwerpunkt der Aktivitäten: Foresight-Ergebnisse in aktives Forschungshandeln überführen.
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Innovationen und wirtschaftliche Effekte:
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Belege für konkrete, neuartige Produkte und Dienstleistungen, die Foresight-Themen adressieren.
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Schwerpunkt der Aktivitäten: Foresight-Ergebnisse wirtschaftlich verwerten.
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Die zweite Dimension des IMM ermöglicht eine Klassifikation von sowohl faktischen als auch potenziellen Impacts nach initiierenden/handelnden Akteuren und Adressaten der Ergebnisse. Zentrale Prämisse in dieser Dimension ist, dass jeder Transfer von Personen, Gremien oder Organisationen initiiert bzw. verantwortet werden muss, bzw. sich an entsprechende Adressaten(-gruppen) richtet. Diese werden nach ihrer Nähe zur operativen Umsetzung des BMBF-Foresight-Prozesses gegeneinander abgegrenzt. Impacts können auf der gesamten Bandbreite von unmittelbar an BMBF-Foresight-Beteiligten bis hin zu konkret an Foresight-Themen Forschenden sowie bei Zielgruppen, die entsprechende Ergebnisse (langfristig) wirtschaftlich verwerten, aufgefunden werden. Letztere Stufe der Dimension wurde aufgrund der Fokussierung der Evaluation auf das BMBF sowie die Forschungslandschaft als zentralen Adressat der Foresight-Ergebnisse im Rahmen des Projektes nicht vertieft betrachtet.
Die Stufen dieser Bewertungsdimension des IMM lassen sich folgendermaßen differenzieren:
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BMBF-Referat 113:
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Referat 113 als Foresight-Manager im BMBF oder an der Such- und Transferphase von BMBF-Foresight unmittelbar beteiligte Personen bzw. beauftragte Organisationen.
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BMBF-interne Öffentlichkeit:
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Organisationseinheiten des BMBF, die nicht mit Referat 113 identisch sind.
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Projektträger, Ressorts auf Bundes- und Landesebene, Großforschungseinrichtungen, Verbände:
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Organisationen außerhalb des BMBF, die eine Mittlerfunktion zwischen Forschungs- und Innovationspolitik des BMBF und konkreten Forschungsprojekten erfüllen.
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Forschungseinrichtungen, Unternehmen und Arbeitsgruppen, die konkrete Forschung betreiben:
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Gremien, die konkrete Forschungsarbeiten umsetzen.
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Verwerter:
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Organisationen, die Forschungsergebnisse zu BMBF-Foresight-Themen wirtschaftlich verwerten.
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Kombiniert man die beiden Dimensionen, entsteht eine 5 × 5‑Felder-Matrix, in der sich faktische und potenzielle Impacts unterschiedlicher Reifegrade und Art erfassen und einordnen lassen. Als Impacts sind hier entsprechend der Definition (vgl. Kapitel 1.2) alle unmittelbaren und mittelbaren Effekte ausgehend vom BMBF-Foresight-Prozess und seinen Ergebnissen zu verstehen, die Veränderungen in Bezug auf den Wissensstand, die vertretene Meinung und ausgewählten Handlungen von relevanten Akteuren in der (gesellschaftlichen) Diskussion bewirken. Die folgende Abbildung 4 zeigt die Grundstruktur des IMM.
Abb. 4: Matrix des Impact-Maturity-Modells. Quelle: Eigene Darstellung
In seiner Funktion als Sortierraster schafft das IMM die Basis für die Impact-Evaluation des BMBF-Foresight-Prozesses. Grundlegend ermöglicht es die im Rahmen der Evaluation identifizierten Impacts anhand der zwei vorgenannten Dimensionen zu typisieren. Dabei können Impacts entsprechend ihrer oben angeführten Definition in Form von Aktivitäten, beispielsweise (substanzielle) Beiträge in der Fach-Community basierend auf der Teilnahme an (kreativen) Workshops während der Prozessdurchführung, oder inhaltlichen Ergebnissen sichtbar werden. Als initialer Output für Impacts werden nicht nur die finalen Ergebnisse bezeichnet, sondern auch die während des Prozesses erarbeiteten Zwischenergebnisse, die ggf. in nachfolgenden Prozessschritten weiterverarbeitet werden.
Aufgrund der Weiterentwicklung von Ergebnissen während des Prozesses können Impacts durch verschiedene Entwicklungsstufen, sogenannte Reifegrade, charakterisiert werden. Unter „Reife“ ist in diesem Zusammenhang die Nähe zur Realisierung einer praktisch-operativen Umsetzung der Foresight-Ergebnisse zu verstehen, also der Fortschritt zu jeweils einer weiteren Stufe eines Transferprozesses von der Idee bis zur wirtschaftlichen Verwertung. Dabei wird mit den Foresight-Ergebnissen gearbeitet, sie werden weiterentwickelt und es entstehen jeweils qualitativ andersartige Ergebnisse, die wiederum die Grundlage für weitere bilden. Dabei gilt folgende Annahme: Je größer die Distanz zum initialen Ursprung im BMBF-Foresight-Prozess, desto höher der jeweilige Reifegrad eines Impacts. Der Übergang von einer Konkretisierungsstufe zur nächsten erfolgt dabei ordinal, was bedeutet, dass die Ergebnisse sich beim Sprung in die nächste Stufe weiterentwickeln bzw. die Impacts an Reife gewinnen. So werden beispielsweise für die erste Stufe die Foresight-Ergebnisse in ihrer „rohen“ Form genutzt, wobei sie als Input in Konzepte oder Strategieprozesse im Vorfeld themenfokussiert aufbereitet werden müssen. Es findet also eine inhaltliche Weiterentwicklung bzw. Fokussierung der ursprünglichen Foresight-Ergebnisse statt. Dies ist unter anderem auch dadurch bedingt, dass die Ergebnisse allgemein betrachtet sehr breit und unkonkret formuliert sind und daher beispielsweise keine direkte Grundlage für konkrete Forschungsprojekte liefern. Erst durch die schrittweise Weiterentwicklung, Fokussierung und Verknüpfung der einzelnen Foresight-Ergebnisse mit weiteren Informationen gelingt es, über Konzepte und Strategien hin zu Forschungsprogrammen und konkreten Forschungsprojekten zu gelangen.
Durch die Verortung der Impacts und dem Aufzeigen von zusammenhängenden Impact-Pfaden in der IMM-Matrix können die Wirkungen ausgehend vom initialen Output des Foresight-Prozesses illustriert und verdeutlicht werden. Das IMM als Sortierraster dient damit als Grundlage für vertiefende Analysen der Wirkungen sowie einer Bewertung und ggf. Gewichtung der identifizierten Impacts in den folgenden Schritten der (Wirkungs-)Evaluation.
Die Matrix des IMM bietet darüber hinaus die Möglichkeit einer systematischen Suche nach Impacts, indem sie einen strukturierten Suchraum aufspannt. Damit kann die Frage beantwortet werden, wo prinzipiell Impacts ersichtlich werden können. Ausgehend von der linken, oberen Ecke des IMM können schrittweise die Felder der Matrix durchgegangen werden, um gezielt bei den entsprechenden Adressaten bzw. Initiatoren eines Transfers (vertikale Dimension der IMM-Matrix) nach Impacts im spezifischen Konkretisierungsgrad (horizontale Dimension der IMM-Matrix) zu suchen. Eine vertiefende Suche in den vorgegebenen Bereichen, bspw. mit Hilfe von gezielten (Internet-)Recherchen unter anderem in Dokumenten, Forschungsagenden, Programmen oder Positionspapieren, ermöglicht es nicht nur, intendierte Wirkungen zu identifizieren, sondern auch nicht-intendierte Wirkungen und Nebeneffekte.
Das IMM dient einerseits dazu, Impact-Pfade und damit verbundene Impacts zu dokumentieren. Andererseits soll es die Konzeption von Transferprozessen unterstützen. So kann das IMM neben der retrograden Analyse von Impacts bzw. erfolgreicher Impact-Pfade auch projektierend genutzt werden. Ausgehend von einem definierten Impact-Ziel bei einer spezifischen Zielgruppe können geeignete Impact-Pfade geplant werden, um dieses Ziel zu erreichen. Das IMM ermöglicht dabei eine systematische Identifikation sinnvoller Zwischenschritte bzw. -ergebnisse, die auf der Grundlage von Vorgehensweisen und Strategien beruhen, die sich in der Vergangenheit schon als erfolgreich erwiesen haben. Auf diese Weise kann ein spezifisches Impact-Portfolio gezielt zusammengestellt und die gewünschten Wirkungen adressiert werden.
Neben der Möglichkeit, erfolgreiche Impact-Pfade als archetypische Grundlage zur strategischen Planung von Transferprozessen zu nutzen, eröffnet es darüber hinaus die Möglichkeit, diese methodisch abzusichern. Die Analyse wirksamer Impact-Pfade bzgl. der bei der Umsetzung genutzten Methoden und Formate generiert eine Sammlung bewährter Hilfsmittel und Werkzeuge, die eine wirkungsvolle Umsetzung von Transfermaßnahmen versprechen. Um eine zielgerichtete Auswahl und Kombination von Methoden zu ermöglichen, bietet es sich an, die identifizierten Methoden und Formate sogenannten Transferklassen zuzuordnen. Transferklassen charakterisieren letztlich die möglichen Transferprozesse in Bezug auf ein übergeordnetes Transfer- respektive Impact-Ziel. In Zusammenhang mit dem BMBF-Foresight-Prozess lassen sich hier drei sogenannte Transferklassen differenzieren:
Transferklasse I beschreibt die Transfereffekte, die im Rahmen der Erarbeitung bzw. Verfeinerung von Foresight-Ergebnissen entstehen. Hierbei werden Zwischenergebnisse aus dem Prozess an ausgewählte Akteure mit einem bestimmten Anliegen – z. B. Kommentierung, Ergänzung, Strukturierung oder Priorisierung – zur Kenntnis gegeben. Ziel ist es, im Zuge der Generierung hochwertiger Ergebnisse den Blick der einbezogenen Akteure auf Foresight-relevante Inhalte zu lenken, sodass sowohl BMBF-Foresight als auch die einbezogenen Akteure profitieren können. Der Fokus der Methoden liegt hierbei auf der Bearbeitung und (Weiter-)Entwicklung von Inhalten, der Transfer ist eher ein Nebeneffekt. Im Kontext des BMBF-Foresight-Zyklus II waren beispielsweise das BMBF-interne Living Document [4], die begleitenden Experten-Arbeitskreise wie Sounding-Board oder Doktoranden-Panel [5] sowie die Kreativ-Workshops [6] erfolgreiche Formate. Ihr zentrales Merkmal war die Kopplung von Entwicklung und Transfer der (Zwischen-)Ergebnisse des BMBF-Foresight-Prozesses.
Transferklasse II umfasst den gezielten Transfer finaler Ergebnisse, die in aufbereiteter Form einer definierten Adressatengruppen bzw. der (Fach‑)Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt werden, ohne dass es eine direkte Rückkopplung zu BMBF-Foresight geben soll. Entsprechend ist das Anstoßen von Effekten mit der bloßen Verbreitung der finalen Ergebnisse das zentrale Merkmal von Transferklasse II. Ziel ist, den Adressaten sowie der (Fach-)Öffentlichkeit neuartige, zukunftsrelevante Arbeitsinformationen zur Verfügung zu stellen. Der Fokus der Methoden liegt hierbei auf der Unterstützung von (externen) Diskussionen und dem Transfer. Im Rahmen des BMBF-Foresight Zyklus II wird dies durch die Bereitstellung der Ergebnisse sowohl auf der BMBF-Webseite als auch in den entsprechenden Publikationen sowie mit Hilfe der Strategischen Dialoge umgesetzt.
Die Aktivitäten in Transferklasse III sind durch die Mitwirkung von am BMBF-Foresight-Prozess beteiligten Akteuren – bestehend aus Mitarbeitern des BMBF Referats 113 als auch von ihnen beauftragte Personen – an strategischen Prozessen gekennzeichnet. Auf diese Weise werden sowohl aktuelle Zwischenergebnisse als auch finale Ergebnisse aus BMBF-Foresight gezielt in Strategie- und Planungsprozesse unterschiedlicher Adressaten eingespeist. Ziel ist die aktive Nutzung von Foresight-Ergebnissen zu Planungszwecken. Der Fokus der Formate und Methoden der Transferklasse III liegt hierbei auf der Unterstützung von Planungs- bzw. Strategieprozessen. Als zentrales Merkmal der Abgrenzung gegenüber den anderen Transferklassen dient hier die aktive Mitwirkung der handelnden Akteuren aus dem BMBF-Foresight-Prozess an strategischen Prozessen anderer Stakeholder, wobei Foresight-Ergebnisse als Arbeitsgrundlage genutzt werden. Als Beispiele aus der Evaluation des BMBF-Foresight-Prozesses lassen sich hier die Entwicklung der auf den Ergebnissen des BMBF-Foresight-Zyklus II basierenden Ausschreibung „Richtlinie zur Förderung von Forschungsvorhaben im Rahmen der Innovations- und Technikanalyse“ des BMBF (2014) oder die Nutzung von Ergebnissen des BMBF-Foresight-Zyklus I im Strategieprozess des Spitzenclusters microTEC Südwest nennen.
Im Folgenden wird an realen Beispielen aus BMBF-Foresight gezeigt, wie das IMM angewendet werden kann. Hierzu wird eine Auswahl an Ergebnisse des BMBF-Foresight-Prozesses zur Verdeutlichung herangezogen. Beispiele sind abgeschlossene und ggf. noch über die Laufzeit der Evaluation hinaus laufende Transferaktivitäten mit Bezug zu BMBF-Foresight-Zyklus I und II. Die ausgewählten Beispiele sollen ansatzweise die Vielfalt bereits umgesetzter Transfermaßnahmen sowie die damit erzielten Impacts veranschaulichen. Eine umfassende Darstellung der zahlreich identifizierten Impacts und den daraus resultierenden Impact-Pfaden ist im Rahmen des Artikels nicht möglich. Daher wurde eine Auswahl an Beispielen getroffen, die sowohl BMBF-interne, kurzfristige Impacts aus Zyklus II als auch mittel- bis langfristige Wirkungen außerhalb des BMBF basierend auf den Ergebnissen von Zyklus I aufzeigen. Aufgrund der nahezu parallelen Laufzeit der Evaluation zur Such- und Analysephase von BMBF-Foresight-Zyklus II konnten hierzu kaum Impacts bzw. Impact-Pfade in der mittleren bis langen Frist identifiziert werden. Beispiele für Impacts, die sich bis in die kommenden Jahre hinein weiterentwickeln und weitere Impacts anstoßen können, sind beispielsweise aktuelle Forschungsförderungsprogramme, die Aspekte aus den Foresight-Ergebnissen aufgreifen oder diese weiter vertiefen. Auch die Durchführung des Foresight-Filmfestivals [7] könnte weitere Wirkungen und Effekte anstoßen. Diese Impact-Pfade nachzuverfolgen und zu analysieren wird jedoch unter anderem Aufgabe der Evaluation ggf. folgender Foresight-Zyklen sein.
Die Beschreibung der Impact-Pfade orientiert sich wie eingangs skizziert an der zeitlichen Abfolge von speziellen Ereignissen im Transferprozess. Darunter ist die zeitlich-logische Abfolge von Aktivitäten zu verstehen, die Impacts generieren und die von besonderer Relevanz für den Verlauf des Transferprozesses waren.
Charakterisiert man die nachfolgend skizzierten Beispiele aus der Evaluation des BMBF-Foresight-Prozesses bezüglich ihrer prägenden inhaltlichen Ausrichtung des Transfers, so können sie den drei oben beschriebenen Transferklassen folgendermaßen zugeordnet werden:
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Einsatz eines BMBF-internen Living Documents: Transferklasse I
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Unterstützung der HTS-Entwicklung: Transferklasse II
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Nutzung von BMBF-Foresight-Ergebnissen im Strategieprozess des Spitzenclusters microTEC Südwest: Transferklasse III
Zu verschiedenen Zeitpunkten im Verlauf der Suchphase des BMBF-Foresight-Zyklus II wurden innerhalb des BMBF Zwischenergebnisse in einem Living Document veröffentlicht und zur Diskussion gestellt. Hierbei wurde den BMBF-internen Stakeholdern die Möglichkeit eingeräumt, mit Hilfe von Kommentaren und Stellungnahmen die erarbeiteten Zwischenergebnisse aus ihrer Fachperspektive heraus zu verfeinern bzw. sie zu validieren. Die zahlreichen Rückmeldungen aus nahezu allen (Fach‑)Abteilungen flossen dabei direkt in die weiterführende Bearbeitung der Foresight-Ergebnisse in den nächsten Schritten im Prozess mit ein und das Living Document wurde entsprechend fortgeschrieben.
Von außen betrachtet ist das Living Document ein Instrument, das den partizipativen Einbezug der BMBF-internen Stakeholder in den laufenden Prozess ermöglicht. Es wird jedoch auch deutlich, dass durch die Bereitstellung von Zwischenergebnissen das Wissen der BMBF-internen Stakeholder gegebenenfalls erweitert wird, was als Impact des BMBF-Foresight-Prozesses zu werten ist. Des Weiteren zeigt die Verknüpfung der verschiedenen thematischen Inhalte in den Zwischenergebnissen die potenziellen Berührungspunkte der Themen untereinander auf, die wiederum als Ausgangspunkt für eine fachlich übergreifende Zusammenarbeit zu sehen sind. Gegebenenfalls entstehende themenübergreifende Kooperationen und Netzwerke wären weitere Impacts, die dadurch angestoßen werden können.
Abbildung 5 zeigt den daraus entstehenden Impact-Pfad, der in diesem Beispiel nur faktische Wirkungen nach dem oben beschriebenen Muster verdeutlicht. Durch die Foresight-Verantwortlichen wird eine Auswahl an Zwischenergebnissen aus dem Prozess aufbereitet und in Form eines Living Document den BMBF-internen Stakeholdern zur Verfügung gestellt (1). Diese nehmen die Zwischenergebnisse auf, reflektieren sie vor dem Hintergrund ihrer fachlichen Arbeit in der jeweiligen Fachabteilung bzw. in ihren Referaten und geben bezüglich der Inhalte Rückmeldung (2). Die Kommentare der BMBF-internen Stakeholder werden anschließend dahingehend verwendet, die Zwischenergebnisse für den weiteren Verlauf des Prozesses gegebenenfalls zu verfeinern und zu validieren (3). Diese weiterentwickelten Zwischenergebnisse werden dann in den nachfolgenden Prozessschritten und -aktivitäten weiter genutzt, können aber auch – wie beschrieben – bereits in den jeweiligen Fachabteilungen und Referaten ihre Wirkung entfalten.
Abb. 5: IMM mit Impact-Pfad zum Beispiel „Einsatz eines BMBF-internen Living Documents“. Quelle: Eigene Darstellung
Ein Beispiel dafür, wie Foresight-Ergebnisse in anderen Prozessen einen Mehrwert generieren können, zeigt das folgende Beispiel. Für die BMBF-interne Entwicklung und Verfeinerung der Hightech-Strategie 2020 für Deutschland (Bundesministerium für Bildung und Forschung 2010) wurden ausgewählte Ergebnisse aus dem ersten Zyklus des BMBF-Foresight-Prozesses bereitgestellt. Neben weiteren Informationsquellen stellten die Foresight-Ergebnisse einen Bestandteil der Wissensgrundlage dar, auf die im Rahmen des Prozesses zur Strategieentwicklung zurückgegriffen werden konnte. Hierbei dienten die Foresight-Ergebnisse insbesondere zur Ergänzung und Reflexion der Hightech-Strategie 2020 (kurz: HTS) innerhalb des BMBF. Den vollständigen Impact-Pfad über die verschiedenen Entwicklungsstufen hinweg zeigt Abbildung 6.
Den Ausgangspunkt bildet die Selektion, Aufbereitung und Bereitstellung von themenrelevanten Foresight-Ergebnissen (1), die im Rahmen eines Strategischen Dialogs zur Illustration der HTS-Bedarfsfelder und deren Zukunftsprojekten herangezogen wurden (2). Ein Beispiel hierfür ist das von der Bundesregierung definierte Zukunftsprojekt „Die CO2-neutrale, energieeffiziente und klimaangepasste Stadt“, das eine der prioritären Herausforderungen im Bedarfsfeld Klima/Energie in den Fokus stellt (Bundesministerium für Bildung und Forschung 2010). Darüber hinaus dienten die bereitgestellten Ergebnisse aus dem BMBF-Foresight-Zyklus I sowohl der Reflexion als auch der Verfeinerung der HTS 2020 innerhalb des BMBF sowie in weiteren Bundesressorts, die in den Entwicklungsprozess involviert waren (3). So flossen die Foresight-Ergebnisse entweder bewusst und direkt oder über die Inhalte der HTS 2020 unbewusst und indirekt in die Entwicklung von weiteren Strategien und Forschungsprogrammen in anderen Bundesressorts mit ein (4), die ihrerseits die Grundlage konkreter Forschungsprogramme und -vorhaben bildeten (5). Aber auch innerhalb des BMBF wirkten die von BMBF-Foresight identifizierten Zukunftsthemen auf die gleiche Art und Weise, sodass sie auch hier als eine Informationsquelle direkt oder indirekt in die Entwicklung von weiteren Programmen und Strategien miteinflossen (6). So konnten im weiteren Verlauf der Impact-Analyse – nach dem oben beschriebenen zeitlichen Verzug – zahlreiche Forschungsvorhaben identifiziert werden, die Aspekte der von BMBF-Foresight benannten Zukunftsthemen erforschten und Inhalte weiterentwickelten (7).
Abb. 6: IMM mit Impact-Pfad „Unterstützung der Entwicklung der Hightech-Strategie 2020“. Quelle: Eigene Darstellung
3.3. Beispiel: Nutzung von BMBF-Foresight-Ergebnissen im Strategieprozess des Spitzenclusters microTEC Südwest
Ein weiterer Impact-Pfad, der unter anderem durch die aktive Mitwirkung von an BMBF-Foresight Beteiligten unterstützt wurde, zeigt sich in der Nutzung von Foresight-Ergebnissen im Strategieprozess des Spitzenclusters microTEC Südwest. Nach der Bereitstellung von Ergebnissen des BMBF-Foresight-Zyklus I konnte hier das Strategieteam auf die Erkenntnisse und Informationen aus den Foresight-Ergebnissen zurückgreifen. In einem Prozess der strategischen Analyse wurden für die Mikrosystemtechnik und insbesondere das Spitzencluster relevante Zukunftsfelder herausgearbeitet, die wiederum als Arbeitsgrundlage für themenspezifisch gebildete Fachgruppen dienten (MST BW 2014). Auf diese Weise dienten die Ergebnisse des BMBF-Foresight-Zyklus I als ein weiterer Informationsinput für den strategischen Prozess im Cluster. Begleitet und forciert wurde dieser Ergebnistransfer durch das Mitwirken eines Mitglieds der Evaluation des BMBF-Foresight-Prozesses, das ebenfalls Teil des Strategieteams im Cluster und später auch einer der gebildeten Fachgruppen war. Einen Überblick über die konkrete Entwicklung des Impact-Pfades, der durch die Beteiligung der Evaluation am Transfer vollumfänglich aus faktischen Impacts besteht, gibt Abbildung 7.
Abb. 7: IMM mit Impact-Pfad „Nutzung von BMBF-Foresight-Ergebnissen im Strategieprozess des Spitzenclusters microTEC Südwest“. Quelle: Eigene Darstellung
In einem ersten Schritt wurden hierfür Ergebnisse und Dokumente aus dem BMBF-Foresight-Zyklus I, die für den Strategieprozess von microTEC Südwest von Relevanz sein konnten, durch das BMBF-Referat 113 freigegeben und bereitgestellt (1). Diese dienten als Arbeitsgrundlage für das Strategieteam des Spitzenclusters, das die Foresight-Ergebnisse im Zuge strategischer Analysen des Strategieprozesses nutzte und aus ihnen konkrete Innovationsstrategien für priorisierte Zukunftsfelder für das Cluster unter Mitwirkung eines Mitglieds des Evaluationsteams ableitete (2). Ausgehend von den definierten Zukunftsfeldern für das Cluster, von denen einzelne einen sehr engen inhaltlichen Bezug zu den Inhalten der Zukunftsfelder neuen Zuschnitts aus dem BMBF-Foresight-Zyklus I (Cuhls et al. 2009) aufweisen, wurden anschließend Fachgruppen gebildet, die sich mit der strategischen Weiterentwicklung der Themenfelder befassten (3). Vor diesem Hintergrund konnten auch konkrete Forschungsprojekte realisiert werden, welche sich mit spezifischen Facetten eines Zukunftsfeldes neuen Zuschnitts aus dem BMBF-Foresight-Zyklus I befassen (4).
Das IMM ist ein Instrumentarium, das einerseits im Rahmen der Wirkungsanalyse und -evaluation von strategischen Vorausschauprozessen, andererseits zur ergebnisorientierten Planung und Steuerung von Transferprozessen eingesetzt werden kann. In dieser Funktion konnte das IMM für den konkreten Anwendungsfall der prozessbegleitenden Evaluation und Impact-Analyse des BMBF-Foresight-Prozesses nachfolgend zusammengefasste Nutzenpotenziale erschließen. Teilweise handelt es sich hierbei um Nutzenpotenziale, die zwar im Rahmen der Evaluation des BMBF-Foresight-Prozesses identifiziert wurden, jedoch erst mittel- bis langfristig ihren Nutzen entfalten und daher im Projekt noch nicht empirisch belegt werden konnten. Der Einsatz des IMM in weiteren Projekten zeigte jedoch, dass auch diese Nutzenpotenziale ausschöpfbar bzw. belegbar sind.
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Systematische, reifegradorientierte Klassifikation von Impacts in Bezug auf Inhalt und die adressierte Zielgruppe durch die Anwendung des IMM als Sortierraster (siehe Kapitel 2.2).
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Validierung und Begründung von Impacts über die Rekonstruktion des zugehörigen Impact-Pfades, basierend auf der Auswertung und Interpretation bereits identifizierter und klassifizierter Impacts unter Einbezug von Methoden des Systemischen Managements.
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Ergebnisorientierte Planung von Impacts sowie Transfermaßnahmen inklusive notwendiger Zwischenergebnisse und Prozessschritte, ermöglicht durch die in Kapitel 2.3 erläuterte ex-ante bzw. antizipierende Vorgehensweise.
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Identifikation von zeitlich-logischen Abhängigkeiten bei Transfermaßnahmen zum Erzeugen von Impacts durch die Rekonstruktion von Impact-Pfaden und dem „Weiterdenken“ ihrer potenziellen Entwicklung.
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Übergeordnete Planung und Steuerung eines Impact-Portfolios zur Absicherung der Ausbalanciertheit und Anschlussfähigkeit der Transferaktivitäten, wenn diese bspw. in größere Gesamtzusammenhänge einzuordnen sind (z. B. ausgewählte Ergebnisse rechtzeitig für Strategieprozesse der Zielgruppen zur Verfügung stellen (siehe Kapitel 3)).
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Überprüfung verschiedener Teilprozesse von BMBF-Foresight bzgl. ihrer Transfereffekte durch Rekonstruktion und Analyse von Ursache-Wirkungsbeziehungen, bspw. bei der Ausgestaltung des Living Documents (siehe Kapitel 2.3 und 3.1).
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Steigerung der Wirksamkeit von Transfermaßnahmen durch die Verallgemeinerung und Übertragung erfolgreicher Impact-Pfade insbesondere dann, wenn z. B. durch die Nutzung von während der Prozessdurchführung gewonnenen Erkenntnissen zur Weiterentwicklung des Prozesses ein Lerneffekt ermöglicht wurde.
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Bestimmung des „Impact-Status“ von Transferaktivitäten zur Festlegung weiterführender Impacts oder Transferschritte auf der Grundlage erzielter Impacts/realisierter Transferschritte.
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Systematische Ermittlung von Anforderungen an Transferprozesse durch die kombinierte Betrachtung der Art des Impacts sowie der adressierten Zielgruppe, insbesondere auch in Bezug auf die methodische Absicherung von Transferaktivitäten, bspw. durch die in Kapitel 2.3 erläuterte ex-ante bzw. antizipierende Vorgehensweise.
Die benannten Nutzenpotenziale konnten bei der Anwendung des Modells zur prozessbegleitenden Weiterentwicklung des BMBF-Foresight-Prozesses fallbeispielhaft erfahren und an vielen Einzelbeispielen, von denen einige in diesem Artikel vorgestellt wurden, wiederholt werden. Darüber hinaus wurde der Grundgedanke des IMM in einer weiteren Evaluation eines Programms (zum Aufbau einer neuen Wissenslandschaft in Wissenschaft und Praxis in einem bestimmten Themenfeld) angewendet und zur methodischen Absicherung einer Bilanzierung von Ergebnissen und Wirkungen mit herangezogen.
In diesem Artikel wurde das Impact-Maturity-Modell vorgestellt, das als Instrument der Impact-Analyse und -Evaluation im Rahmen der Evaluation des BMBF-Foresight-Prozesses entwickelt wurde. Mit der Entwicklung wurde primär das Ziel verfolgt, ein Sortierraster für die gezielte Suche, Abbildung und Typisierung von Impacts zu schaffen. Dies ist relevant, da komplexe Interventionen, wie z. B. der BMBF-Foresight-Prozess, vielschichtige Wirkungen entfalten, welche sich über mehrere Entwicklungsstufen hinweg entwickeln können und deren unmittelbarer Zusammenhang zwischen Intervention und Wirkung schwierig nachzuweisen ist.
Mit Hilfe des IMM können Impacts sowohl ergebnis- als auch prozessorientiert typisiert und abgebildet werden. Ergebnisorientiert werden Impacts dahingehend charakterisiert, bei welchen Zielgruppen welche Effekte feststellbar sind. Prozessorientiert werden Pfade beschrieben, die das Zustandekommen eines Impacts ggf. über mehrere Entwicklungsstufen hinweg erklären. Darüber hinaus dient das IMM als Hilfsmittel zur strategischen Vorbereitung und Planung von Prozessen des Ergebnistransfers, mit deren Hilfe gezielt Impacts ggf. auch über mehrere Stufen hinweg erzeugt werden sollen. Auf diese Weise kann durch die Analyse und Übertragung von bereits identifizierten, erfolgversprechenden Entwicklungspfaden die Wirksamkeit der Transfermaßnahmen gesteigert werden.
Gleichwohl das IMM vor dem Hintergrund der spezifischen Anforderungen und Rahmenbedingungen des BMBF-Foresight-Prozesses entwickelt wurde, kann das Grundprinzip entsprechend modifiziert auch im Rahmen anderer Anwendungsfälle eingesetzt werden. So sind beispielsweise die beiden Dimensionen anzupassen, die bei der Entwicklung des IMM konkret auf die Ziele und Gegebenheiten der Evaluation des BMBF-Foresight-Prozesses ausgerichtet wurden. Insbesondere die Dimension „Adressaten bzw. Initiatoren des Transfers“ ist beim IMM sehr spezifisch angelegt. Je nach Anwendungsfall sollte diese Dimension so ausgestaltet sein, dass von den anfänglichen Initiatoren des Transfers ausgehend die jeweilig angestrebten Adressaten identifiziert und in Form einer ordinalen Skala in das Modell integriert werden. Sollten die (primären) Zielgruppen und Adressaten nicht schon durch den zu evaluierenden Prozess oder das Programm gegeben sein, so empfiehlt sich dies mit Hilfe einer Stakeholder-Analyse in Zusammenarbeit mit dem Auftraggeber zu erarbeiten.
Wie die vorangegangene Erläuterung zeigt, ist eine Übertragung der Methodik und des Modells denkbar, sodass es in Impact-Analysen und ‑Evaluationen in den unterschiedlichsten Bereichen eingesetzt werden könnte. Die grundlegende Funktionsweise des IMM wurde durch die Beispiele im Artikel vorgestellt.

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Dr. Martin J. Thul: studierte Wirtschaftsingenieurwesen an der TU Kaiserslautern und promovierte dort im Fachbereich Wirtschafts- und Sozialwissenschaften. Er war Mitglied des Vorstands des Instituts für Technologie und Arbeit und leitete die Projekte zur Evaluation des BMBF-Foresight-Prozesses in Zyklus I und II. Seit April 2016 ist Martin Thul Geschäftsführer der Commercial Vehicle Cluster – Nutzfahrzeug GmbH, Kaiserslautern.
Commercial Vehicle Cluster – Nutzfahrzeug GmbH, Europaallee 3–5, 67657 Kaiserslautern, Tel.: +49(0)631-414862-51, E-Mail: martin.thul@cvc-suedwest.com
Magister rer. nat. Judith Hoffmann: studierte Psychologie an der Karl-Franzens-Universität Graz (Österreich). Seit 2006 arbeitet sie am Institut für Technologie und Arbeit und begleitete als Mitglied des Evaluationsteams den BMBF-Foresight-Prozess in Zyklus I und II.
Institut für Technologie und Arbeit, Trippstadter Straße 110, 67663 Kaiserslautern, Tel.: +49(0)631-20583-15, E-Mail: judith.hoffmann@ita-kl.de
Dipl.-Kfm. techn. Christian K. Bosse: studierte Betriebswirtschaftslehre mit technischer Qualifikation in Informatik an der TU Kaiserslautern und der Auckland University of Technology (Neuseeland). Seit 2011 arbeitet er am Institut für Technologie und Arbeit und begleitete als Mitglied des Evaluationsteams den BMBF-Foresight-Prozess in Zyklus I und II.
Institut für Technologie und Arbeit, Trippstadter Straße 110, 67663 Kaiserslautern, Tel.: +49(0)631-20583-19, E-Mail: christian.bosse@ita-kl.de
[1] Das Instrument der Impact-Pfade basiert auf Ansätzen der Impact Pathways aus dem Bereich der Wirkungsanalyse in der internationalen Entwicklungsarbeit. Es erlaubt, Wirkungen auf verschiedenen Ebenen darzustellen und zu verfolgen. Der Impact-Pfad ist hierbei ein explizites Modell für die Darstellung von Veränderungen durch eine Aktivität und die Transformierung ihres Outputs letztendlich bis hin zur Zielebene bzw. zum angestrebten Adressaten (Engelhardt 2010; Douthwaite et al. 2003; Rogers 2000).
[2] Als Forschungs- und Innovationspolitik (FuI-Politik) wird das Feld staatlicher Politik bezeichnet, das sich mit staatlichen Interventionen in Forschung, Technologie und Innovation befasst. Damit sind zunächst alle Anstrengungen des politischen Systems gemeint, die dazu gedacht sind, das „Forschungssystem“ als Landschaft forschender und Technologie entwickelnder Institutionen inklusiver der ihnen geltenden Regulationen zu gestalten und ggf. das Innovationsverhalten industrieller Unternehmen positiv zu beeinflussen (Kuhlmann 2006; Meyer-Krahmer 1999).
[3] Feldkonfigurierende Veranstaltungen (Field-Configuration Events) werden von Lampel und Meyer (2008) anhand von sechs Kriterien definiert: (1) Zusammenkunft von Akteuren mit verschiedenen Hintergründen, (2) zeitlich begrenzte Dauer der Veranstaltung, (3) Gelegenheiten zur persönlichen, sozialen Interaktion, (4) beinhaltet dramaturgische Aktivitäten, (5) Gelegenheiten zum Informationsaustausch und zur kollektiven Sinnstiftung, (6) Entwicklung sozialer und reputationsrelevanter Ressourcen.
[4] Ein Living Document ist ein dynamisches Dokument, das kontinuierlich weiterbearbeitet wird. Dies kann beispielsweise eine Erweiterung des Dokuments um neue Themenaspekte sein oder auch die weitere Vertiefung der Inhalte. Auf diese Weise kann das Dokument sich selbst in seiner Form verändern, wenn vorab keine spezifischen Rahmenbedingungen festgeschrieben sind. Beste Beispiele für ein Living Document sind u. a. die Artikel im Online-Lexikon „Wikipedia“, die sich kontinuierlich weiterentwickeln.
[5] Der BMBF-Foresight-Zyklus II wurde von verschiedenen Expertengremien begleitet. Hierzu zählte u. a. das Doktoranden-Panel, ein Gesprächskreis mit Nachwuchswissenschaftlern aus verschiedenen Disziplinen, die mit ihrer Perspektive Wahrnehmungsfilter abschwächen und neue Impulse für Trendprofile erarbeiten sollten (Zweck et al. 2015). Das Sounding-Board als weiteres Gremium aus fünf internationalen Foresight-Experten reflektierte die methodische Vorgehensweise sowie die Prozessergebnisse kritisch und gab Hinweise zur Verbesserung (Zweck et al. 2015).
[6] An verschiedenen Punkten im BMBF-Foresight-Zyklus II wurden sog. Kreativ-Workshops durchgeführt, in denen ausgewählte Wissensträger (auch außerhalb etablierter Strukturen) mit Hilfe kreativer Methoden (z. B. Future-Wheel) Impulse für Gesellschaftstrends zusammentrugen oder gegebene Themenentwicklungen miteinander verknüpften (Zweck et al. 2015).
[7] Das Foresight-Filmfestival, das in den Jahren 2015 und 2016 gefördert BMBF und unter der Leitung der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg sowie in enger Kooperation mit der science2public – Gesellschaft für Wissenschaftskommunikation und dem Fraunhofer Institut für System- und Innovationsforschung durchgeführt wurde, greift explizit ausgewählte Themen des BMBF-Foresight Zyklus II auf. Als erstes Science-Vision-Festival soll es Visionäre aus Forschung, Film, Medien und Gesellschaft zusammen und in einen regen Austausch zu konkreten Zukunftsvisionen in Wort und bewegtem Bild bringen (Martin-Luther Universität Halle-Wittenberg 2015).
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Empfohlene Zitierweise ¶
Thul, M. J., Hoffmann, J., Bosse, C. K. (2016). Das Impact-Maturity-Modell. Zeitschrift für Zukunftsforschung, 1, 57. (urn:nbn:de:0009-32-44890)
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