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Jahrgang 2021, Ausgabe 1
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Beiträge

Zur Verankerung von Zukunft in der Gefahrenabwehr

Antizipationspraktiken und Herausforderungen im Kontext von Feuerwehren

  1. Dr. Florian Neisser Fraunhofer Institut für Naturwissenschaftlich-Technische Trendanalysen INT
  2. Dr. Thomas Kox Department für Geographie, Ludwig-Maximilians-Universität München

Zusammenfassung

In der Gefahrenabwehr spielt die Antizipation ungewisser Zukünfte eine immer größere Rolle. Um die Entscheidungen in diesem Feld spannen sich verschiedene Antizipationspraktiken, die dazu dienen mit Ungewissheit umzugehen. Welche Perspektiven auf verschiedene mögliche Ereignisse ergeben sich daraus und vor welchen Herausforderungen stehen Entscheider:innen in der Gefahrenabwehr? Der Artikel entwickelt ein Herausforderungs-Antizipations-Schema für die Gefah-renabwehr, in welcher potenzielle Ereignisse und Praktiken der Antizipation mit ihren jeweiligen Herausforderungen in Bezug gesetzt werden.

Abstract

The anticipation of futures plays an increasing role in emergency management. Concerning the decisions in this field several practices of anticipation evolved to deal with uncertainty. Which perspectives regarding potential events emerge from this and which challenges face decision makers in emergency management? The article develops a challenges-anticipation-scheme for emergency management in which potential hazard events and practices of anticipation are linked with parti¬cular challenges.

Keywords

1. Einleitung

Unterschiedliche gesellschaftliche Teilsysteme erleben derzeit in ihrem Umgang mit Risiken der Zukunft einen Wandel. Weniger wird davon ausgegangen, Zukunft als sicher zu erachten und Unvorhergesehenes als Bruch dieser Sicherheit zu verstehen, vielmehr entwickelt sich ein Verständnis hin zu kontinuierlich vorhandenen gesellschaftlichen Herausforderungen. Im Kontext der Wissenschaft zeigt sich in den vergangenen 20 Jahren ein Wandel der Fokussierung von Wissen auf Nichtwissen, darunter dem Ungewissen und dem Unsicheren. In der Öffentlichkeit ist ein Wandel in der Perspektive auf Katastrophen von der manifesten zur erwarteten Katastrophe zu beobachten. Und auch in der Politik wird immer stärker ein Wechsel von der Regulation zum Lernen und im Recht eine Verschiebung des Fokus vom Schaden bzw. der Schadenskompensation auf die Vorsorge betont (Böschen 2003).

Die Antizipation der Zukunft – oder genauer, aufgrund der Vielzahl an Möglichkeiten, der Zukünfte – bekommt stärkeres Gewicht. Für Regularien, Maßnahmen und Entscheidungen im Bevölkerungsschutz, insbesondere der Gefahrenabwehr mit ihrem Risiko- und Krisenmanagement, bedeutet dies eine Verschiebung von Strukturen, Aufgaben und Herausforderungen hin zur Betrachtung der erwarteten Katastrophe, die in der Vorsorge von eminenter Bedeutung ist. Gerade die Unsicherheiten und veränderten Wetterphänomene (Hitze, Dürre, Starkregenereignisse) und daran geknüpfte Risiken (gesundheitliche Belastung der Bürger als auch technische Herausforderungen für Infrastrukturen durch Hitze und Dürre, Waldbrände, sturzflutartige Hochwasserereignisse) infolge des globalen Klimawandels zeigen diese Trends und die zunehmende Auseinandersetzung mit Zukünften. Insbesondere die Feuerwehren, sowohl Berufs- als auch Freiwillige Feuerwehren, als Hauptakteure der deutschen Gefahrenabwehr sehen sich mit den genannten Herausforderungen konfrontiert.

Ganz allgemein stehen Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS) nun vor der Herausforderung Entscheidungen im Spannungsfeld von Wissen und Nichtwissen zu treffen. Die von Böschen (2003) angesprochenen vier Veränderungsprozesse in Wissenschaft, Öffentlichkeit, Politik und Recht prägen dabei auch die Gefahrenabwehr und insbesondere die Risiko- und Krisenkommunikation von BOS-Akteuren, gerade weil die Gefahrenabwehr nicht eindeutig einer dieser vier Kategorien zuzuordnen ist aber Schnittstellen zu diesen aufweist. Dabei stellt sich auch die Frage, welche Herausforderungen gerade bei den Akteuren der Gefahrenabwehr vorherrschen und wie die Akteure mit unvollständigem bzw. vorläufigem Wissen und Nichtwissen umgehen, um Entscheidungen zu treffen.

Klaus Japp formuliert (2002), dass sich die Gefahrenabwehr primär auf „erfahrungsgestütztes Kausalwissen über schädliche Ereignisse [bezieht]. […], sie wartet, bis ein Ereignis kausal aufgeklärt werden kann, lebt solange von Sicherheitserwartungen und vermeidet die Risiken ungesicherter Festlegungen“ (Japp 2002, S. 438). Ist diese Einschätzung vor dem Hintergrund neuer Herausforderungen und zahlreicher technischer und nicht-technischer Entwicklungen mit Relevanz für die Gefahrenabwehr so noch haltbar ist oder haben nicht die genannten Veränderungsprozesse auch eine veränderte Einschätzung hinsichtlich der Akteure der Gefahrenabwehr und deren Umgang mit Wissen und Nichtwissen zur Folge?

Die Beobachtung ist, dass diese Veränderungsprozesse auch Eingang in die Praktiken der Akteure der Gefahrenabwehr – respektive der Feuerwehren als Hauptvertreter der nicht-polizeilichen Gefahrenabwehr im föderalen System Deutschlands – gefunden haben, was zu einem anderen Verhältnis von Wissen und Nichtwissen in deren Arbeit führt. Im Kern geht es darum, wie Feuerwehren mit der Ungewissheit der Zukunft umgehen, Zukunft antizipieren und diese handhabbar machen. Darauf aufbauend stellt sich die Frage, was dies für potentielle Herausforderungen und Folgeprozesse für die Arbeit und Strukturen der Gefahrenabwehr bedeutet.

Dieser Artikel beleuchtet zunächst aus theoretischer Perspektive die Frage, wie die (nichtpolizeiliche) Gefahrenabwehr und insbesondere die Feuerwehr mit Zukünften umgeht (Kapitel 2) und welche Praktiken der Antizipation innerhalb der Gefahrenabwehr existieren (Kapitel 3). Anschließend wird diskutiert, welche aktuellen und zukünftige Herausforderungen für Akteure der Gefahrenabwehr bestehen und in welchem Verhältnis die Praktiken der Antizipation dazu stehen (Kapitel 4). Darauf aufbauend wird ein Herausforderungen-Antizipations-Schema für die Gefahrenabwehr entwickelt (Kapitel 5), welche als Anregung zu Reflektion und Umsetzung antizipatorischer Maßnahmen in der Begegnung der Herausforderungen der Gefahrenabwehr gedacht ist.

2. Umgang mit Zukünften in der Gefahrenabwehr

100% Sicherheit kann es nicht geben! Dieses Postulat hat sich in der Auseinandersetzung mit Risiken und Gefährdungen in den letzten Jahren sowohl in der wissenschaftlichen Debatte als auch bei Praktiker:innen etabliert (siehe u.a. Gerhold et al. 2017). Gleichzeitig ist Sicherheit quasi zum „Goldstandard“ des Politischen geworden (Daase 2011). Der Begriff Sicherheit ist aber mehrdeutig zu sehen, so zielt er zum einen auf die Zuverlässigkeit von technischen Systemen und den Schutz vor Bedrohungen, aber auch auf die Auseinandersetzung mit zukünftigen Gefährdungen. In der Gefahrenabwehr und sozialwissenschaftlichen Sicherheitsforschung hat sich daher die geläufige Begriffsschärfung zwischen Safety (Sicherheit im Sinne der Zuverlässigkeit technischer Systeme), Security (Sicherheit im Sinne politisch-sozialer Sicherheit) und Certainty (Sicherheit im Sinne erkenntnisbezogener Gewissheit) etabliert (Bonß 2011, S. 45–46). Certainty umfasst als „kognitive Seite des Sicherheitsproblems“ (Bonß 2011, S. 46), den Grad des Kenntnisstandes – oder die „Beurteilungssicherheit“ (Weichhart 2007, S. 207) – über den Eintritt eines Ereignisses, etwa als Abschätzung in Wahrscheinlichkeiten, und damit auch den Umgang mit Zukünften. Bonß (2011, S. 46) führt hier weiter aus, dass „die Behauptung, über Gewissheit bei Unsicherheiten zu verfügen, […] letztlich ein Widerspruch [ist]. Schließlich zeichnen sich Unsicherheiten […] dadurch aus, dass sie in kognitiver Hinsicht gerade nicht definitiv geklärt, sondern allenfalls über Wahrscheinlichkeiten abgeschätzt werden können. Unsicherheit setzt also stets […] Ungewissheit voraus. Denn gäbe es eine definitive Klärung jenseits von Wahrscheinlichkeiten, dann würden sich die Ungewissheiten in definitive Sicherheiten verwandeln“. In diesem Beitrag geht es also um ungewiss im Sinne von uncertain. Hier zeigen sich u.a. durch Folgewirkungen des Klimawandels veränderte Rahmenbedingungen und neue Phänomene, welche den Rahmen des bislang Erwartbaren (und damit Erfahrenen und Erlebten) sprengen. Genau dies macht die Notwendigkeit der Antizipation für Einsatzorganisationen wie Feuerwehren aus.

Während frühere wissenschaftliche Arbeiten Wahrscheinlichkeit noch gemeinsam mit (Un-) Gewissheit und Nichtwissen betrachteten (etwa Smithson, 1989 unter dem Begriff „error“), werden die Begriffe heute differenzierter verwendet. Geläufig ist die Unterscheidung nach Faber et al. (1992) von Risiko, Nichtwissen und Ungewissheit in Entscheidungssituation. Demnach sind in Situationen des Risikos sowohl mögliche Konsequenzen als auch Wahrscheinlichkeiten bekannt, während Nichtwissen von der Unfähigkeit geprägt ist, mögliche Konsequenzen zu bestimmen. In Situationen von Ungewissheit können dagegen noch subjektive Wahrscheinlichkeiten angegeben werden (Wehling 2001, S. 472). Weichhart (2007, S. 206–207) fügt dazu dem Distinktionsmerkmal Wahrscheinlichkeit das der Kontingenz hinzu, um Ungewissheit von Unsicherheit zu unterscheiden.

2.1. Kontingenz, Subjektivität und Konstruktion

Während Unsicherheit durch eine Eintrittswahrscheinlichkeit zwischen null und eins bestimmt wird (und Sicherheit durch eine Eintrittswahrscheinlichkeit von entweder null oder eins), ist Ungewissheit durch Kontingenz charakterisiert und entzieht sich dadurch der Berechenbarkeit. Durch das Merkmal der Kontingenz deckt Ungewissheit „Bereiche jenseits der bekannten, abschätzbaren Risiken“ ab (Wehling 2001, S. 466) und betrachtet eine Zukunft unbekannter Möglichkeiten und potenzieller Überraschungen (Luhmann 1987). Im Gegensatz zum Denken in Wahrscheinlichkeiten beruht die Artikulation künftiger Möglichkeiten dann weniger auf Verbindungen zur Vergangenheit, sondern vielmehr auf Spekulationen und Vorstellungen über neuartige Veränderungen (O'Grady 2018). Die Betrachtung von Zukunft zielt somit weniger auf die wahrscheinlichsten Zukünfte als auf sämtliche mögliche Zukünfte ab (Amoore 2013).

Das Merkmal der Kontingenz ist stark geprägt durch das der Subjektivität, durch die Formulierung von Aussagen über die Zukunft mit unterschiedlichen, aber jeweils gültigen Interpretationen. Jene Beschäftigung der Akteure der Gefahrenabwehr mit der Zukunft kann als existenzieller Modus von subjektiver Wahrnehmung, Erfahrung, performativen Aktivitäten und vorausschauendem Denken gesehen werden (Neisser & Runkel 2017, S. 172). O'Grady (2018, S. 6) schlägt daher vor, für die gemeinsame Betrachtung von Zukünften und Gefahrenabwehr, Risiko zwingend als eine soziale Konstruktion zu betrachten [1], die sowohl als eine für die Zukunft konstitutive Kraft performativ ist als auch ständig neu geschaffen wird. Dies, so O’Grady weiter, erlaube es, sich ernsthaft damit zu befassen, wie sich die Akteure der Gefahrenabwehr den Zukünften widmen können.

2.2. Performativität und Infrastrukturen

Trotz der Erkenntnis, dass zukünftige Entwicklungen nur schwer zu antizipieren sind, haben sich verschiedene Praktiken in der Gefahrenabwehr herausentwickelt, um im Vorausgriff oder Vorhinein eines potenziellen Gefahrenereignisses zu agieren. Die Zukunft wird durch Handeln antizipiert und performativ hergestellt, oder was der britische Geograf Ben Anderson (2010) anticipatory action (vorausschauendes Handeln) bezeichnet, um die Zukunft zur Gegenwart zu machen [2]. Diese Praktiken, so Anderson weiter, geben Zukünften Inhalt (siehe Kapitel 3). Durch die vorausschauenden Handlungen werden Zukünfte in Affekten (Ängste, Hoffnungen), epistemischen Objekten (Geschichten, Trends) und Materialitäten (Berichten, Bildern) präsent gemacht (Anderson 2010, S. 779). Man könnte dabei auch von gelebten Emotionen, implizitem Wissen und expliziertem Wissen oder Infrastrukturen als materialisierte Form sprechen.

Die neuen Herausforderungen im Umgang mit diesen Zukünften sammeln sich unter den Begriffen Future Governance oder Anticipatory Governance und materialisieren sich anhand von Praktiken (Anderson 2010) und Infrastrukturen der Notfallorganisation (Neisser 2017). Die Betrachtung der Gefahrenabwehr und ihres Umgangs mit Zukünften in einem performativen Ansatz erlaubt es nicht nur die Gesamtheit der Praktiken richtig zu verstehen. Es verleiht diesen Praktiken, die als Kanäle für die Generierung von Risikowissen dienen, eine besondere Dynamik, da sie sich immer in einem Kreislauf des Werdens befinden (O'Grady 2018, S. 5). Letztlich formiert sich aus den konstruierten Bildern der Zukunft die Basis des antizipatorischen Handelns (Neisser & Runkel 2017, S. 173).

Im Folgenden werden nun zwei Stränge der Diskussion hinsichtlich des Umgangs der Gefahrenabwehr mit Zukünften aufgezeigt. Wir zeigen so einerseits eine theoretische Einordnung der Praktiken der Antizipation von Zukunft und skizzieren andererseits identifizierte aktuelle Herausforderungen der Gefahrenabwehr, welche letztlich auch aus diesen Ungewissheiten erwachsen.

3. Praktiken der Antizipation

Anderson (2010) leitet drei grundlegenden Möglichkeiten der Antizipation von Zukunft ab, die Eingang in die Gefahrenabwehr gefunden haben: Die Praktiken des Performativen, der Vorstellungskraft und des Kalkulierens. Allgemein sind diese schon länger ein Bestandteil der Annährung an zukünftige Entwicklungen, teilweise zeigen sich hier aber auch neuere Entwicklungen, da sich die Informations- und Datenlagen verändert haben. Gemeinsam ist ihnen, dass die Akteure der Gefahrenabwehr durch diese Praktiken Gebrauch machen um vor die Lage zu kommen, also Lagebilder zeichnen, die Auskunft über die erwartbare Zukunft geben, um daraus Schlussfolgerungen für die Vorbereitung abzuleiten (Kox et al. 2018).

3.1. Praktiken der Kalkulation – Zukünfte in Zahlen

Praktiken der Kalkulation, um Aussagen über Zukünfte zu machen, umfassen Modellierungen, Prognosen, Simulationen, Data Mining oder Impact-Assessments.

Eine der prominentesten Praktiken der Kalkulation sind numerische Wettervorhersagen, die das Eintreten eines bestimmten Wetterereignisses mit einer Wahrscheinlichkeit beziffern (bspw. die Niederschlagswahrscheinlichkeit). Numerische Wettervorhersagen stützen sich auf ein ganzes Ensemble von Vorhersagen. Als Grundlage dienen aktuelle Informationen zu relevanten physikalischen Größen wie Temperatur, Luftfeuchte oder Windrichtung. Diese Daten dienen als Ausgangspunkt für die Berechnung des zukünftigen Zustands der Atmosphäre. Um die Unsicherheit im Zustand der Atmosphäre zu erfassen, werden für das Ensemble mehrere Modellläufe mit leicht veränderten Daten des Anfangszustands durchgeführt (Kox 2018). Die Leitstellen deutscher Berufsfeuerwehren (und weiterer BOS) verfügen über einen Zugang zum FeuerwehrWetterinformationsSystem (FEWIS) des Deutschen Wetterdienste (DWD). Diese Webplattform ermöglicht es der Leitstelle auf Wettervorhersagen und weiteren Information des DWD zurückzugreifen. Die Angaben sind auf die jeweilige Örtlichkeit und bestimmte Wetterphänomene zurechtgeschnitten. Verfügbar ist auch die Darstellung der Vorhersageunsicherheit in Wahrscheinlichkeiten in verschiedenen Darstellungsformaten (Fundel et al. 2019).

Impact-Assessments, sogenannte Wirkmodelle, werden herangezogen, um Aussagen über mögliche Auswirkungen von Ereignissen zu machen. Im vorher beschriebenen Bereich der Wettervorhersage wären dies Aussagen darüber, welche Auswirkungen aus bestimmten Wetterereignissen wahrscheinlich resultieren würden. Dies umfasst zum Beispiel den Einfluss des Wetters auf die Häufigkeit von Verkehrsunfällen (Becker et al. 2020), auf potenzielle Einsatzzahlen der Feuerwehren (Pardowitz 2018), auf das Auftreten von Waldbränden (Di Giuseppe et al. 2016) oder auf den Ausbruch von Seuchen (Kahn et al. 2019). Den Modellen liegen jeweils unterschiedliche Parameter zu Grunde. So basieren einige Modelle zur Vorhersage von wetterbedingten Verkehrsunfällen auf Unfallmeldungen der Polizei in Verbindung mit Temperatur und Niederschlagsmengen (Becker et al. 2020), während Modelle für die Vorhersage von Waldbränden neben aktuellen Wetterdaten und Wettervorhersagen Faktoren zur Vegetation und das Potential der Entfachung eines Feuers, potentielle Ausbreitungsgeschwindigkeit sowie den potentiellen Impact eines Brandes einbeziehen (Di Giuseppe et al. 2016; ECMWF 2016). [3]

Numerische Modelle stellen also eine Form von Praktiken der Kalkulation dar. Sie geben Auskunft darüber, wie hoch die Eintrittswahrscheinlichkeit eines bestimmten Ereignisses bezogen auf einen Ort ist und können somit hilfreich sein, um das Auftreten und die Ausbreitung potenzieller Extremereignisse und ihrer Auswirkungen zu antizipieren und diese dann mit zielgerichteten Maßnahmen in der Gefahrenabwehr zu koppeln. Gemeinsam haben diese Modelle, dass sie das Ungewisse nicht berücksichtigen können, da sie stets auf Grundlage vergangener Ereignisse operieren. Sie bewegen sich im Rahmen kontingenter Bedingungen und außerhalb bekannter und abschätzbarer Risiken (Wehling 2001). Für Entscheider:innen bleibt nach der Konsultation dieser Modelle oftmals die Frage nach dem konkreten Handlungsbedarf offen.

3.2. Praktiken der Imagination – Zukünfte in Bildern

Praktiken der Imagination können vielfältig in Erscheinung treten und beinhalten bspw. Szenarien, Storytelling oder Visionierung. Gemeinsam ist ihnen, dass sie ein Set plausibler – nicht zwingend wahrscheinlicher – Zukünfte darstellen.

Die in der aktuellen Debatte wohl prominentesten Szenarien in der Gefahrenabwehr sind Fragen nach den Auswirkungen des Klimawandels: Im Gegensatz zu einer Wettervorhersage beanspruchen Klimaszenarien nicht einen bestimmten Zustand der Atmosphäre an einem beliebigen Ort der Erde vorherzusagen, sondern zielen auf statistische Durchschnittswerte über größere Räume und Zeitabschnitte. Bedeutung für die Gefahrenabwehr erlangen diese Szenarien insbesondere dann, wenn es um die Auswirkungen des Klimawandels oder um Möglichkeiten der Klimawandelanpassungen bei Planungsprozessen geht, um z.B. potenzielle Waldbrandgefahr, städtische Wärmeinseln oder Starkregenvorsorge abzuschätzen. Die Akteure der Gefahrenabwehr, so die Beobachtung der Autoren, versuchen dabei bestehende naturwissenschaftliche Klassifikationen, Quantifizierungen und Erfahrungswerte sowie Hoffnungen und Ängste in diese Bilder und Visionen von Zukünften einfließen zu lassen.

Weitere Praktiken der Imagination beinhalten die Auseinandersetzung der Zukunftsfähigkeit der freiwilligen Kräfte von Feuerwehr, Technisches Hilfswerk und weiteren Hilfsorganisationen im Zuge des Demographischen Wandels und der Zukunft des Ehrenamtes, etwa vor Herausforderungen der Nachwuchsgewinnung (Peperhove et al. 2017). Im weiteren Sinne gesellschaftliche Fragen zur Transformation, Nachhaltigkeit, Energie- und Mobilitätswende – so der Eindruck – spielen in der Gefahrenabwehr aktuell (noch) eine untergeordnete Rolle.

Praktiken der Imagination umfassen hierbei klassische Szenarioerstellungen über potentielle Entwicklungen in der Zukunft. Bei der Szenarioerstellung im Kontext er Gefahrenabwehr wird üblicherweise eine Storyline, beispielsweise eine Großschadenslage, bei der mögliche Abläufe von Handlungen verschiedener Akteure aufgezeigt werden, beschrieben (Peperhove et al. 2017, S. 54). Im Vergleich zu den anderen Praktiken der Antizipation nimmt die politische Dimension an Gewicht zu, da es sich im wahrsten Sinne um produzierte Bilder von Zukünften handelt. Diese Szenarien haben dann eine starke Wirkmächtigkeit und sind durchaus kontrovers zu sehen, da je nach Standpunkt und je nach Zeitpunkt unterschiedliche Entwürfe von Zukünften vorherrschen können und aufgrund ihrer stark performativen Kraft zu festgefahrenen Bildern von Zukunft führen können. Es können auch widersprüchliche oder konkurrierende Bilder unterschiedlicher Akteure entstehen (Gerhold et al. 2019). Die politische Dimension dieser Bilder und Visionen kann auch zum Vorteil genutzt werden, da so die Interessen unterschiedlicher Akteure einbezogen werden können, um im Idealfall holistisch heranzugehen. So sind Analysen zu Ursachen und Möglichkeiten der Prävention denkbare Ergebnisse. Durch den Einsatz von Storytelling in Szenarien wird des Weiteren eine Möglichkeit geboten, mögliche zukünftige Entwicklungen in einem breiteren Verhandlungsprozess bspw. über die Vor- und Nachteile der Implementierung neuer Sicherheitstechnologien zugänglich zu machen (Gerhold et al. 2019).

Hervorzuheben ist hier die Bedeutung von wild cards, also Ereignisse geringer Eintrittswahrscheinlichkeit, jedoch starkem Veränderungspotenzial (low-probability, high-impact events). Auf globalem Maßstab etwa Terror- und Großschadensereignisse (bspw. 09/11 oder der Reaktorunfall von Fukushima Daiichi) und auf regionalem oder lokalem Maßstab Sturm- und Schneeereignisse (bspw. im Münsterland 2005) oder Großunfälle (bspw. der Gefahrguttransportunfall von Lac Mégantic 2013). Jene wild card Ereignisse prägen das kollektive Gedächtnis und spielen somit auch in Bildern der Zukunft eine besondere Rolle. Selbst wenn diese Ereignisse nicht explizit erwähnt werden, so schwingt deren Wirkmächtigkeit in der Produktion von Zukunftsbildern meist implizit mit.

Praktiken der Imagination spielen in der alltäglichen Bewältigung von Gefahrenlagen durch Akteure der Gefahrenabwehr häufig (noch) eine untergeordnete Rolle. Im Allgemeinen finden sich hier aber vor allem klassische Szenarien der Raum- und Stadtplanung zur Verhandlung der Waldbewirtschaftung (Stichworte: Forstmanagement und Vermeidung/Bewältigung von Waldbränden) oder dem Management von kurzfristigen-extremem Wassermengen (Stichworte: Starkregenvorsorge/Überflutungskataster) um nur zwei Beispiele zu nennen.

Eine zentrale Problematik der Practices of Imagination ist die Gefahr der einseitigen Reproduktion von Wissen (v.a. technischer Lösungen) und der Reproduktion bestehender Machtstrukturen. So stellt etwa Musch (2021) fest, dass sich die Teilnehmenden an Szenarioentwicklungsprozessen im Bereich der Nachhaltigkeit häufig homogen aus dem Akteursfeld des einladenden Bereiches rekrutieren und so ähnliches Wissen reproduziert wird. Kognitive Bezugsrahmen der Teilnehmenden und der regionale Kontext prägen die Zukunftsbilder; diese werden Extremszenarien zugeordnet, Alternativen dazwischen werden ausgeblendet und eine Gleichzeitigkeit mehrerer Szenarien ist nicht vorgesehen (Musch 2021, S. 140–144).

Des Weiteren besteht die Frage der Plausibilität oder genauer, welcher Akteur festlegt, dass ein Szenario als plausible angesehen werden sollte. Um wieder Bezug auf das einführende Zitat von Japp zu nehmen: Man versucht die Folgen ungesicherter Festlegungen durch quasi-faktische Festlegungen zu umgehen. Dennoch bleiben Szenarien mit Ungewissheiten behaftet und sind möglicherweise nur Reproduktionen scheinbarer Gewissheiten. Sie bleiben also im Sinne Luhmanns (1987, S. 157) kontingent und sind daher weder notwendigerweise so wie beschrieben, noch sind sie realiter unmöglich.

3.3. Praktiken der Performance – Zukunft in Übungen und Planspielen

Performative Praktiken des vorausschauenden Handelns haben in der Gefahrenabwehr eine lange Tradition. Sie umfassen Übungen, Simulationen und (Plan-) Spiele (Serious Gaming, Tabletop Exercises [4]). Beispiele sind Übungen von Einsatzkräften im Rahmen der Aus- und Weiterbildung oder Stabsrahmenübung des Krisenmanagements.

Die länderübergreifende Übung LÜKEX (Länderübergreifende Krisenmanagement Exercise) ist ein gutes Beispiel für eine solche Stabsrahmenübung. Bei der LÜKEX üben Bund und Länder seit 2004 auf strategischer-administrativer Ebene die Bewältigung ausgewählter Ereignisse (darunter etwa Influenza-Pandemie, Terroranschläge, Extremwetter). Auf operativer Seite sind sogenannte Vollübungen hervorzuheben, bei denen das gesamte Einsatzgeschehen unter Einsatz realer operativ-taktischer Ressourcen und unter Beteiligung aller Leitungsebenen und Stellen in einem Großschadensereignis abgebildet werden soll (BMI 2011, S. 33; DRK 2016, S. 16). Bei Vollübungen geht es darum, „Einsatzkräfte, Einsatzfahrzeuge und Verletztendarsteller in einem nachgestellten Großschadensereignis real handeln zu lassen“ (DRK 2016, S. 16; Hervorhebung durch die Verfasser).

Übungen beruhen dabei letztlich auf Nachahmung; sowohl der kognitiven Fähigkeit Ähnlichkeiten und Muster zu erkennen, als auch der expressiven Fähigkeit zur Imitation und zum Spiel (Aradau 2010, S. 6). Anstatt also den Versuch zu unternehmen Zukünfte zu berechnen, zielen Übungen darauf ab Zukünfte wahrnehmbar zu machen (O'Grady 2018, S. 85). Übungen sind dabei sinnbildlich für die Logik der Vorbereitung. Hierbei geht es vor allem um die initiierte Herstellung von erfahrungsgestütztem Kausalwissen, um mit den geübten Situationen in der Zukunft umgehen zu können. Es geht im Kern darum, wie zukünftige Situationen erlebt und erfahrbar gemacht werden können, wenn sie sich in der Gegenwart als kontingente und unbestimmte Situationen entfalten (O'Grady 2018, S. 71). Das Erleben kann eine körperliche Erfahrung miteinbeziehen. Übungen sind damit in der Lage eine hohe Komplexität hervorzurufen (O'Grady 2018, S. 85). So lässt sich in einer Vollübung die körperliche Wahrnehmung zukünftiger Situationen sowohl visuell (etwa über die Gestaltung des Übungsgeländes oder des Erscheinungsbildes der Übenden und der Statisten), auditiv (etwa über Knall- und Störgeräusche und Kommandos) als auch mit Einschränkungen olfaktorisch (etwa über Brandgeruch und anderer Effekte) umsetzen. Krisenmanagementübungen wie die LÜKEX üben dagegen in erster Linie Entscheidungsfindung, Informationsaustausch und Kommunikationswege ohne operative Einsatzkräfte und realem Übungsgelände.

Oftmals laufen Übungen nach Drehbüchern – im Sinne einer Abarbeitung eines Übungsszenarios (BMI 2011, S. 33) – ab, die auch Ergebnis eines Szenarioentwicklungsprozesses sein können (Peperhove et al. 2017). Je nach Zweck und Ziel der Übung und nach Beteiligungsgrad der Übenden an diesem Prozess mögen einige Details des Szenarios den Übenden unbekannt sein, während andere Abläufe und Handlungen (etwa eigene Handgriffe, Lauf- und Kommunikationswege, etc.) zwar bekannt, aber möglicherweise ungeübt und unerfahren sind. Krisenmanagement- und Vollübungen bieten so Arenen des Lernens und des Austauschs von Wissen (Grunnan & Fridheim 2017, S. 80). Daher ist es nicht verwunderlich, dass Kooperation mehr und mehr an Bedeutung gewinnt; sowohl innerhalb einer Akteursgruppe, als auch mit externen Partnern, bis hin zu grenzüberschreitenden Kooperationen zwecks Verbesserung und Sicherstellung der Interoperabilität (Berchtold et al. 2020).

Auch „Fehler können als Chance zum Lernen genutzt werden“ (Hofinger 2012, S. 58). Im Idealfall führen Fehler bei der Übung in ihrer Reflexion zum Lernen und bilden so erfahrungsgestütztes Kausalwissen. Dies impliziert jedoch eine positive Fehlerkultur und wenn diese nicht gegeben ist, so ist der Nutzen der Praktiken der Performance fraglich. Zum positiven Umgang mit Fehlern in Form einer Fehlerkultur werden prototypisch gerne Organisationen aus der Atomindustrie oder der Luftfahrt, der sogenannten High Reliability Organizations (HRO), herangezogen, deren Organisationskultur stark an Sicherheit im Betriebsablauf und Fehlervermeidung orientiert ist (Weick & Sutcliffe 2007). Schütte et al. (2019, S. 196) sehen die Fehlerkultur in der Feuerwehr und weiterer BOS als weit weniger ausgeprägt als in klassischen HRO.

Es gilt zudem ganz konkret zu schauen, welche aktuellen und zukünftigen Herausforderungen für die Feuerwehr als zentralen Akteur der Gefahrenabwehr bestehen und wie die Praktiken der Antizipation hierbei zielführend eingesetzt werden können. Im Folgenden solle es nun um verschiedene allgemeine Herausforderungen und beispielhafte Einordnungen gehen.

4. Aktuelle und zukünftige Herausforderungen für die Feuerwehr

Im europäischen Projekt FIRE-IN (Fire and Rescue Innovation Network [5]), wurden aktuelle und zukünftige Herausforderungen für die Gefahrenabwehr insbesondere die Feuerwehren identifiziert. Diese sogenannten Common Capability Challenges wurden in Workshops erarbeitet und basieren somit auf dem Wissen und den Erfahrungen von über 80 Expert:innen aus Bevölkerungsschutz und Katastrophenmanagement in EU-Mitgliedsstaaten (Gallardo et al. 2020; Lahaye et al. 2020). Dabei wurden in zwei Zyklen Workshops mit assoziierten Expert:innen aus dem Spektrum der (nicht-polizeilichen) Gefahrenabwehr unter Nutzung der World Café Methode durchgeführt (Zyklus 1: Februar bis März 2018; Zyklus 2: Februar bis März 2019). Das Workshop-Setting wurde bewusst gewählt, um den Austausch an Ideen zwischen unterschiedlichen Akteuren zu ermöglichen. Da es sich bei dem FIRE-IN Projekt um eine Coordination Support Action (CSA) der Europäischen Kommission handelt, spiegelt dieses Vorgehen das Ziel der Vernetzung und des Austausches wider. Zu den fünf thematischen Arbeitsfeldern Search and Rescue and Medical Response, Structure fires, Landscape fires, Natural hazards mitigation und CBRNE crisis mitigation wurden jeweils Workshops durchgeführt und dokumentiert (Gallardo et al., 2020; Lahaye et al., 2018). Letztlich zeigten sich als Resultat vier übergeordnete Herausforderungen für die Feuerwehren und andere Akteure der nicht-polizeilichen Gefahrenabwehr: (1) Besondere Belastung in gefährlichen Umgebungen, (2) Ereignisse mit niedriger Frequenz aber hohe Schadwirkung, (3) Einsätze mit einer Vielzahl unterschiedlicher beteiligter Organisationen und Entscheidungsträger sowie (4) Lagen mit hoher Ungewissheit.

4.1. Besondere Belastung in gefährlichen Umgebungen

Die erstgenannte Herausforderung High flow of effort in hostile environments (Besondere Belastung in gefährlichen Umgebungen) beschreibt Gefahrenlagen mit besonderen Bedrohungen für die Einsatzkräfte aufgrund der Gefahrenquellen, Unübersichtlichkeit des Einsatzortes, Schwierigkeiten des Zugangs und Schwierigkeiten vor Ort operativ arbeiten zu können. Beispiele sind Höhlen- oder Grubenunglücke, Flugzeugunglücke an schwer zugänglichen Orten, Waldbrände mit zusätzlichen Gefahrenquellen wie versteckter Munition, Minen oder Gefahrstoffen, Brände in Tunneln oder schmutzige Bomben.

Als Beispiel kann hier der Waldbrand auf dem ehemaligen Truppenübungsplatz Lübtheen in Mecklenburg-Vorpommern 2019 herangezogen werden: Infolge der Hitzewelle des Jahres 2019 (sowie durch die Vorbelastung des Dürresommers 2018) brach am 30. Juni auf dem Truppenübungsplatz ein Waldbrand mit einer Ausdehnung von zwischenzeitlich ca. 1.200 Hektar Waldfläche. Der Landkreis Ludwigslust-Parchim rief den Katastrophenfall bis zum 8. Juli 2019 aus. Infolgedessen wurden vier umliegende Ortschaften evakuiert. Zeitweilig waren mehr als 3.000 Einsatzkräfte vor Ort im Einsatz. Dies war der zu diesem Zeitpunkt größte Waldbrand in der Geschichte des Landes Mecklenburg-Vorpommern. Durch die starke Belastung mit alter Munition waren die Löscharbeiten am Boden stark eingeschränkt. Waldstücke auf ehemaligen Truppenübungsplätzen sowie Munition und Fliegerbomben aus den Weltkriegen können auch bei anderen Waldbränden eine zusätzliche Gefahr für die Einsatzkräfte und eine Herausforderung bei der Waldbrandbekämpfung darstellen. [6]

Als Antizipationspraktiken eignen sich hier insbesondere Praktiken der Imagination (bspw. Szenarien) und je nach Situation durchaus auch Praktiken der Performance. Wobei letztere eben aufgrund der Bedrohungslage für Einsatzkräfte schwer als Vollübungen durchführbar sind. [7] Praktiken der Kalkulation würden eine gute Datenlage zur Gefahrenlage benötigen. Das Vorkommen von Altlasten wie bspw. Fliegerbomben oder Munition ist jedoch meist nicht genau bekannt und kartiert.

4.2. Niedrige Frequenz, hohe Schadwirkung

Die zweite von den Expert:innen identifizierte Herausforderung ist die Frequenz-Magnituden-Beziehung von low frequency, high impact (niedrige Frequenz, hohe Schadwirkung) Ereignissen. Frequenz ist eine typische Größe zur Bestimmung von Extremereignissen. In diesem speziellen Fall wird eine niedrige Wiederkehrwahrscheinlichkeit von Ereignissen ausgedrückt, die mit hoher Schadwirkung korrespondiert. Hierunter fallen bspw. lokal selten auftretende, sehr hohe Pegelstände bei Flusshochwasser oder große Niederschlagsmengen bei Starkregen (wie bspw. 2021 in Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen sowie Belgien und den Niederlanden).

Bei diesen Gefahrenlagen stoßen die Kapazitäten von Einsatzkräften in der Regel an ihre Grenzen und gleichzeitig besteht ein hohes Risiko für die betroffene Bevölkerung. Lokale Engpässe in der Verfügbarkeit und Einsatzbereitschaft von Material, Fahrzeugen und Personal können z.B. durch eine (lokale) Erhöhung des Einsatzaufkommens entstehen oder wenn Einheiten für längere Zeiträume an einen bestimmten Ort gebunden sind (Kox et al. 2019) [8]. Weitere Beispiele können CBRNE [9]-Unfälle, urbane Sturzfluten und seltene Hochwasser, Waldbrände (insbesondere an der Schnittstelle zwischen Wald und Siedlungsgebieten, sogenannte wildland-urban-interface fire, WUI)) und Tunnelbrände darstellen.

In der Praxis der Gefahrenabwehr scheinen vor allem beobachtete Ereignisse unterschiedlicher Frequenz zu zählen, die auf Erfahrungswerten rekurrieren. Hinter der Frequenz versteckt sich in der subjektiven Wahrnehmung so eine vermeintliche Regelmäßigkeit, die sich auf Erfahrungen mit wiederkehrenden Ereignissen stützt. Entscheidend dabei ist, dass bei seltenen Ereignissen wenig Erfahrungswerte und geringes Kausalwissen auf Seiten der Einsatzkräfte bestehen, obwohl – und das macht u.a. die Betrachtung des Wetters und seiner Auswirkungen interessant – es immer wieder auch häufige Ereignisse (mit teilweise geringen Schäden) und scheinbar hohen Erfahrungswerten gibt.

4.3. Vielzahl unterschiedlicher beteiligter Organisationen und Entscheidungsträger

Die Herausforderung multiagency / multileadership environments beschreibt komplexe Lagesituationen mit einer Vielzahl unterschiedlicher beteiligter Organisationen und Entscheidungsträger:innen mit ggf. sehr unterschiedlichen Hierarchien und Kommunikationsstrukturen. Dies kann insbesondere bei gebietskörperschaftsübergreifenden oder bei nationalstaatenübergreifenden Katastrophen der Fall sein, aber auch lokal bei der Zusammenarbeit verschiedener Ressorts oder bei der Einbindung ziviler Helfer:innen, die in unterschiedlichen Organisationen oder gar nicht-organisational eingebunden sind (Stichwort: ungebundene Helfer:innen). Es geht dabei um die Integration und Koordination unterschiedlichen Wissens und Nichtwissens in komplexe Entscheidungsfindungen sowie um die Übereinkunft von Ressourcen, Wissensbeständen und Interessen.

Übliche Gefahrenlagen sind Pandemien, Wald- und Tunnelbrände, Großunfälle oder Hochwasserereignissen mit länder- oder nationenübergreifendem Charakter. Eine inhärente Herausforderung ist die Tatsache, dass die Auseinandersetzung mit einer Vielzahl der genannten Gefahren verwaltungstechnisch den Gesundheits-, Umwelt-, Planungs- oder Bauressorts zugeordnet sind, die Bewältigung der Gefährdung aber Sache des Innenressorts (und operativ damit oftmals Sache der Feuerwehr) bleibt.

Übungen (Praktik der Performance) sind eine übliche Herangehensweise, um mit einer Vielzahl unterschiedlicher beteiligter Organisationen und Entscheidungsträger:innen umzugehen. Im Falle von Waldbränden sei hier vor allem der Wissenstransfer und der gezielte Austausch mit Führungs- und Einsatzkräften aus europäischen und außereuropäischen Ländern mit häufig auftretenden großflächigen Waldbränden sowie die zivil-militärische Zusammenarbeit hervorzuheben, um auf Erfahrungswissen aufzubauen.

4.4. Hohe Ungewissheit

Im Vergleich zur Herausforderung der Ereignisse niedriger Frequenz und hoher Schadwirkung, ist die Höhe der potenziellen Schäden im Falle von high levels of uncertainty (hohe Ungewissheit) nicht unbedingt von Relevanz. Ungewissheit wird hier aus der Perspektive der Praktiker:innen mit der Emergenz dynamischer und unerwarteter Ereignisse sowie Veränderungen von Situationen, welche existierende Planbarkeit überschreiten, assoziiert (Castellnou et al. 2019; Lahaye et al. 2019, S. 6). Für Einsätze und Maßnahmen unter Umständen zunehmender Ungewissheit sind oftmals mehr Ressourcen notwendig (Castellnou et al. 2019).

Diese Betrachtung nimmt weniger eine theoretische Einordnung und Beschreibung von Ungewissheit, als vielmehr die praktischen Implikationen in den Blick. Kern dieser Herausforderung sind fehlende Wissensbestände über vergangene Ereignisse und aktuelle und zukünftige Entwicklungen. Ungewissheit beschreibt einen Zustand fehlender Klarheit und dies umfasst den Ist-Zustand, potentielle Entwicklungen sowie Effekte von Entscheidungen. In Fällen von hoher Ungewissheit ergeben sich weiterführende Herausforderungen wie Ressourcenknappheit, Umgang mit fehlenden Wissensbeständen, Probleme die Ungewissheit zu kommunizieren, Probleme der Entscheidungsfindung und Verzögerungen im Management. Hier sind beispielweise großflächige und langanhaltende Waldbrände (insbesondere WUI-fire), CBRNE-Unfälle, urbane Sturzfluten und Starkregenereignisse zu nennen. Bei zunehmender Ungewissheit, so Castellnou et al. (2019, S. 5), sollten die methodologischen Annäherungen anders sein. Dies ruft Praktiken der Antizipation, wie beispielsweise Szenarioerstellung und –analyse, auf den Plan.

Hohe Ungewissheit ist im Kern genau die Herausforderung, welche die Antizipation der Zukunft so bedeutsam macht. Die Notwendigkeit der drei Praktiken der Antizipation fußt im Wesentlichen auf der hohen Bedeutung von Ungewissheit in der Arbeit der Gefahrenabwehr. Auch wenn sich die anderen zentralen Herausforderungen mit Praktiken der Kalkulation, Performance und Imagination adressieren lassen, so ist doch die Ungewissheit der Zukunft und dessen Implikationen auf die Arbeit der Gefahrenabwehr emblematisch dafür, dass überhaupt versucht wird, jenseits von erfahrungsgestütztem Kausalwissen die Zukunft irgendwie greifbarer zu machen.

5. Herausforderungen-Antizipations-Schema für die Gefahrenabwehr

Der Umgang mit Zukünften ist für die Gefahrenabwehr eng verknüpft mit den geschilderten (antizipierten) Herausforderungen. Wobei sich hier eine gewisse Tautologie ergibt: die ungewisse Zukunft steht im Zusammenhang mit ungewissen, antizipierten Herausforderungen und der Umgang mit Zukünften stellt somit selbst eine Herausforderung dar. Die oben angeführten Herausforderungen stehen in engem Zusammenhang mit den weiter oben beschriebenen Praktiken in der Gefahrenabwehr. Im Zusammenspiel sowohl mit spezifischen Ereignissen als auch mit den Praktiken der Antizipation lässt sich dieser resultierende Dreiklang an Dimensionen als Schema darstellen.

Das Schema (Abb. 1) kann helfen, um sich Gedanken zu machen, welche Herausforderung, gekoppelt mit Spezifika von bestimmten Lagen (bspw. Waldbrände, Extremwetter, CBRNE), mit den drei Praktiken der Antizipation von Zukunft handhabbar gemacht werden könnten. Das Schema veranschaulicht drei Dimensionen: die gegebenen oder zukünftigen Herausforderungen der Gefahrenabwehr auf strategischer, taktischer und operativer Ebene, die jeweiligen Ereignisse oder Lagen und letztlich die Potentiale der drei Praktiken der Antizipation, um die Verschneidung der ersten beiden Aspekte mit Hinblick auf die Zukunft zu erfassen. Es ist also eine Visualisierung von Herausforderung, Kontext und Mittel der Herangehensweise. Das Schema bietet eine Vielzahl an Kombinationsmöglichkeiten und ist insbesondere in Hinblick auf die Gefahrenlage erweiterbar. Nicht jede Kombination ist gleich sinnvoll oder umsetzbar. Dies ist stark kontextabhängig und definiert sich durch die spezifische Situation und Fragestellung der Akteure.

Abb. 1: Herausforderungen-Antizipations-Schema für die Gefahrenabwehr

Die Einschätzung der Relevanz für die jeweiligen Ebenen (operativ, taktisch, strategisch) obliegt den jeweiligen Einsatzorganisationen. Aufgrund der sehr unterschiedlichen Organisationsstrukturen, Zuständigkeiten, Ressourcenausstattungen und (raum-zeitliche) Kontexte können diese Einschätzungen eigentlich nur spezifisch für die jeweiligen Organisationen durchgeführt werden – ob in einer Selbst- oder Fremdbeobachtung. Eine verallgemeinerbare Aussage zu allen Organisationen der Gefahrenabwehr kann hierbei nicht getroffen werden.

Dieses Schema vereinigt die im Artikel beschriebenen Dimensionen der Herausforderungen als Resultat bestehender Ungewissheiten und fehlender Klarheit im operativen Geschäft mit den Praktiken der Antizipation als Optionen des Umgangs mit Ungewissheiten. Zudem wird die Dimension spezifischer Ereignisse hinzugenommen, da sich aus ihnen unterschiedliche Rahmenbedingungen ergeben.

Das Schema ist nicht monolithisch zu sehen. Die Ereignisse und Herausforderungen sind erweiterbar. Zudem können mehrere Herausforderungen bei einem spezifischen Ereignis zutreffen und auch mehrere Praktiken der Antizipation passend sein, um eine Herausforderung eines Ereignisses zu adressieren. Letztlich dient dieses Schema auch dazu, einer spezifischen Organisation eine Inspiration zur Reflexion über die eigene Situation hinsichtlich potentieller Herausforderungen in Gefahrenlagen sowie möglichen Antizipationspraktiken an die Hand zu geben. Das Schema kann dabei als eine Art Checkliste zum Status der Vorbereitung von Einsatzorganisationen gesehen werden. Der weitere Mehrwert besteht in der Anschlussfähigkeit Kreuzungspunkte des Schemas und ggf. bestehende Lücken gezielt zu adressieren sowie für die Komplexität von Problemlagen der Akteure der Gefahrenabwehr mit vorherrschenden Unsicherheiten zu sensibilisieren.

Es lässt sich konstatieren, dass kausales Erfahrungswissen weiterhin eine wesentliche Säule in der Herangehensweise der Akteure der Gefahrenabwehr ist. Denn dieses Erfahrungswissen prägt die Bilder der Zukunft und somit antizipatorische Praktiken. Dennoch haben die von Anderson (2010) beschriebenen und hier aufgegriffenen Praktiken bereits Eingang in die Arbeit der Gefahrenabwehr gefunden. Dies liegt vor allem auch an den aktuellen zentralen Herausforderungen, welche oben skizziert wurden. Wir appellieren hier, dass die Akteure der Gefahrenabwehr reflektieren sollten, wie sie mit ihren bisherigen (als auch ggf. noch nicht genutzten) Praktiken ihre spezifischen Herausforderungen adressieren. Das Schema kann dabei helfen, einzuschätzen, wo bereits Herausforderungen konkret mit einem Set an Praktiken begegnet werden kann und was es eventuell für weitere Möglichkeiten gäbe.

6. Fazit

Die hohe Ungewissheit über Entwicklungen und die geringen Erfahrungswerte mit seltenen Ereignissen macht eine Beschäftigung mit möglichen oder wahrscheinlichen und sogar als unwahrscheinlich erscheinenden Zukünften unabdingbar. Auch die Notwendigkeit, Herausforderungen von gefährlichen Situationen oder die zunehmende (und sinnvolle) Zusammenarbeit verschiedener Organisationen unterstreicht die Bedeutung der Praktiken der Antizipation auf operationeller Ebene. So wird Erfahrungswissen simuliert (Praktiken der Kalkulation), performativ hergestellt (Praktiken der Performance) und spekulativ (re-)produziert (Praktiken der Imagination). Es ist ein proaktiver Schritt hin zu Annäherungen (Proxys und Substitutionen) realen Erfahrungswissens. Letztlich sind dies performativ hergestellt Zukunftsbilder. Durch die Kreation von Szenarien, Leitlinien oder Ablaufplänen werden Zukunftsbilder in Form von Visualisierungen oder Narrativen entworfen. Durch Kalkulationen wird versucht einen abschätzbaren Erwartungshorizont zu kreieren. Mithilfe von Übungsformaten werden individuelle und kollektive Erfahrungen geschaffen, welche eine Annäherung an das Unbekannte abbilden.

Die in diesem Beitrag dargestellten Zusammenhänge von Herausforderungen, Antizipationspraktiken und Gefahren und die schematische Darstellung dessen soll als Aufhänger für die Introspektion von Akteuren der Gefahrenabwehr als auch als Anknüpfungspunkt für weitere Forschung hinsichtlich der möglichen Kombinationen verstanden werden. Als Resümee können folgende Schlüsse gezogen werden:

  • Es gilt die Prävention zu stärken – sprich Erkenntnisse durch die Antizipation von Zukünften in Maßnahmen der Vorsorge einzubauen – um nicht nur auf real gewordene Zukünfte ad hoc reagieren zu können, sondern proaktiv und präventiv zu agieren.

  • Da es keine einzelne legitime Interpretation von Zukünften gibt, führt dies zu einer notwendigen Bewertung und Priorisierung von Optionen sowie deren Umsetzung in Entscheidungen und mögliche Vorsorgemaßnahmen. Praktiken der Antizipation können eine Grundlage dafür darstellen.

  • Diese Ansätze müssen holistisch sein und zur Integration und Koordination unterschiedlichen Wissens in die Entscheidungsfindungen mehrere Governance-Ebenen umfassen (Umwelt, Inneres, Planung, Wirtschaft, etc.), um die Übereinkunft von Ressourcen, Wissensbeständen und Interessen zu ermöglichen.

  • Das Risiko der Reproduktion bestehender (Macht-) Strukturen, scheinbarer Gewissheiten und vornehmlich technischen Lösungen sollte reflektiert werden. Soziale Faktoren, wie zukünftige Verwundbarkeiten und soziale Entwicklung, dürfen nicht zu Gunsten eines stärkeren Fokus auf Gefahrentrends vernachlässigt werden.

  • Es sollte eine positive Fehlerkultur etabliert werden und die Resultate aus Praktiken der Performance ernst genommen werden.

  • Die Antizipation von Zukünften auf Basis von Praktiken der Kalkulation braucht solide Datengrundlagen, idealerweise lange Zeitreihen, um Extrapolationen und probabilistische Aussagen anfertigen zu können.

  • Das Plädoyer, die performative Kraft jener Praktiken zu betrachten bedeutet, sich damit auseinanderzusetzen wie Bilder von derartigen Zukünften erstellt, verarbeitet und verstanden werden. Genau an diesem Punkt sollten weitere qualitative Forschungsarbeiten ansetzen: Beobachtungen in Leitstellen, bei Übungen, bei Einsätzen um die Mechanismen der Wissensherstellung und -transfers in der Antizipation von Zukünften zu verstehen.

Die Akteure der Gefahrenabwehr können kein umfassendes Wissen über die Gefahren von morgen haben. Praktiken der Antizipation können aber helfen, um mit dieser Ungewissheit umzugehen. Die dahinterliegenden Prozesse werden allerdings oftmals an anderer Stelle durch Fachbehörden, Forschungseinrichtungen oder Fachfirmen geplant und durchgeführt. Die letztendliche Umsetzung der Ergebnisse obliegt dann den Akteuren der Gefahrenabwehr. Sie bekommen Informationen, Konzepte und Bilder für ihre Kombination aus Herausforderungen und Gefahren und sollen daraus Entscheidungen ableiten. Dies bedeutet eine hohe Verantwortung im Umgang mit der Gestaltung von Zukünften in Übungen, Zahlen und Bildern der Zukunft.

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Dr. Thomas Kox: Thomas Kox ist wissenschaftlicher Mitarbeiter der Lehr- und Forschungseinheit Mensch-Umwelt-Beziehungen im Department für Geographie der Ludwig-Maximilians-Universität München.

Ludwig-Maximilians-Universität München, Luisenstraße 37, 80333 München, Tel.: +49 89 2180 4135, t.kox@lmu.de



[1] In ähnlicher Weise u.a. auch bereits bei Bonß (1997) bezogen auf Sicherheit als gesellschaftliche Konstruktion.

[2] Vgl. dazu auch die Einordnung bei Neisser und Runkel (2017) von anticipatory action der Akteure der Gefahrenabwehr im Kontext der Philosophie Martin Heideggers als Praxis des zuhanden (ready-at-hand) Machens.

[3] Beispiele sind u.a. das US National Fire Danger Rating System (NFDRS), der Canadian Forest Service Fire Weather Index (FWI), das Prometheus FireGrowthModel.ca des Canadian Interagency Forest Fire Centre, die Projektionen des Fire Weather Index des PESETA III Projekts vom Joint Research Centers (JRC) oder das Global Fire Forecasting Model (GEFF) des European Centre for Medium-Range Weather Forecasts (ECMWF).

[4] Das US Department of Homeland Security (2008, S. 2) definiert Tabletop Exercises oder TTX als diskussionsbasierte Übungsformate, welche meist existierende Pläne und Abläufe sowie die Interoperabilität zwischen multiplen Akteuren im Fokus hat.

[5] FIRE-IN “The first European Fire and Rescue Innovation Network”, Grant agreement Nr. 740575.

[6] So bestand Explosionsgefahr aufgrund von Munition auf einem Militärgelände etwa bei einem Waldbrand im hessischen Münster-Breitefeld 2019.

[7] Eine potentielle Möglichkeit der Übung von Einsätzen in gefährlichen Umgebungen stellen Virtual Reality und Augmented Reality Anwendungen dar.

[8] Als ein Beispiel kann hier ein 23-stündige Dauerregen am 29. Juni 2017 in Berlin herangezogen werden. Kox et al. (2019) zeigen wie die Berliner Feuerwehr durch die extreme Wettersituation vor den Herausforderungen eines erhöhtes Notruf- und Einsatzaufkommen sowie von Engpässen in der Verfügbarkeit und Einsatzbereitschaft von Material, Fahrzeugen und Personal gestellt wurde.

[9] Chemical, Biological, Radiological, Nuclear and Explosive.

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