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Jahrgang 2021, Ausgabe 1
Artikelaktionen

Projektberichte

Plattformarbeit – ein Modell für die Zukunft?!

Eine quantitative Studie in der Arbeitsdomäne der plattformbasierten Arbeit

  1. Katharina Schäfer IAW RWTH Aachen
  2. Prof. Dr. Dr.. Axel Zweck VDI Research
  3. Dr. Christina Bröhl IAW RWTH Aachen
  4. Dr. Peter Rasche IAW RWTH Aachen
  5. Maximilian Boddin IAW RWTH Aachen
  6. Dr. Christopher Brandl IAW RWTH Aachen
  7. Prof. Dr. Verena Nitsch IAW RWTH Aachen
  8. Dr. Alexander Mertens IAW RWTH Aachen

Zusammenfassung

Die plattformbasierte Arbeit ist ein stetig wachsender Beschäftigungsbereich. Ins¬besondere Sichtweise, Bewertung, Perspektive und Entwicklung der Mitarbei-terInnen werden gegenwärtig und bezogen auf die zukünftigen Herausforderungen zu selten berücksichtigt. Ziel dieses Artikels ist es, die Ergebnisse einer Online-Umfrage (N=81) zu präsentieren, die 2018 in Deutschland durchgeführt wurde. Von besonderem Interesse waren die folgenden Fragen: (1) Was sind soziodemo¬grafische Merkmale von plattformbasierten Arbeitspersonen? (2) Welche typischen Arbeitsbedingungen gibt es für plattformbasierte Arbeitspersonen? (3) Wie zu¬frieden sind die Beteiligten mit der plattformbasierten Arbeit? Die Teilneh¬merInnen der Umfrage waren überwiegend männlich und jungen Alters, wiesen jedoch unterschiedliche Bildungshintergründe auf. Sie arbeiten überwiegend von zu Hause aus, selten jedoch in den Abendstunden oder am Wochenende. Insgesamt zeigten sich rund zwei Drittel relativ zufrieden.

Abstract

The platform-based gig economy is an increasingly growing area of employment. In particular, the view, assessment, perspective and development of the employees are still and in relation to future challenges rarely taken into account. The aim of this article is to present the results of an online survey (N=81) conducted in Germany in 2018. The following questions were of particular interest: (1) What are sociodemo¬graphic characteristics of platform-based workers? (2) What are typical working conditions of platform-based work? (3) How satisfied are those involved in plat¬form-based work? The participants of the survey were predominantly male and of younger age, yet with diverse educational backgrounds. They often work from home, apart from the evenings or weekends. Overall, about two thirds stated to be relatively satisfied.

Keywords

1. Einleitung

Digitalisierung und Zukunft der Arbeit sind Schlagworte, die in den letzten Jahren in verschiedenen Bereichen von Wissenschaft und Gesellschaft zunehmend diskutiert werden. Neben der Ausdifferenzierung bereits langjähriger Berufsfelder steht die (Weiter-)Entwicklung neuer Arbeitsform im Vordergrund: plattformbasierte Arbeit, welche durch das Internet und hochentwickelte, mobile Endgeräte wie Smartphones oder Laptops ermöglicht wird, bietet die Möglichkeit Arbeit von lokalen Gegebenheiten und zeitlich festgelegten Strukturen zu entkoppeln (Braun, Zweck & Holtmannspötter 2016). Ein bekanntes Beispiel ist Amazon Mechanical Turk (AMT) (Hara et al., 2018). Weitere Beispiele sind Amazon (selbst) als E-Commerce-Verkaufsplattform, werbefinanzierte Social-Media-Plattformen (Facebook, YouTube, Instagram) und sogenannte Sharing Economy-Plattformen (Airbnb, Uber) (Frenken & Schor, 2017; Graham, Hjorth & Lehdonvirta, 2017; Lehdonvirta, 2018). Die Dienste der Plattformwirtschaft werden sowohl lokal (Helpling, MyHammer) als auch global (Clickworker, Upwork) ausgeführt (Pongratz & Borman, 2017).

Insgesamt zeigt die aktuelle Diskussion über die derzeitige und zukünftige Entwicklung plattformbasierter Arbeit eine Unsicherheit aufgrund des aufkommenden Entwicklungspotenzials dieses Arbeitsbereichs (Burtch, Carnahan, & Greenwood, 2016). Verstärkt wird dies durch die derzeitige Corona-Pandemie, die nicht nur das Gesundheitswesen, sondern auch den gesamten Bereich der Arbeit trifft. Hier ist nicht nur eine nationale, sondern auch internationale Perspektive von hoher Relevanz, wenn digitale, orts- und zeitunabhängige Arbeit fair und nachhaltig gestaltet werden soll. Auch in Deutschland wächst die Forschung zu dieser Form der Arbeit (Al-Ani & Stumpp, 2016; Mrass, Peters, & Leimeister, 2016; Schmidt, 2016; Frenken & Schor, 2017; Maier, Viete, & Ody, 2017; Mrass et al., 2018a; Bertelsmann Stiftung, 2019). Nichtsdestotrotz sind vertiefende Untersuchungen, insbesondere ethischer, rechtlicher, sozialer und ergonomischer Art, Wechselwirkungen, Vor- und Nachteile sowie Chancen und Risiken vonnöten (Drahokoupil, Blohm, & Leimeister, 2016; De Stefano, 2016; Schor & Attwood-Charles, 2017; Ahsan, 2018; Tucker et al., 2018), damit sich das Feld in Zukunft positiv ausdifferenzieren kann. Die Aspekte können die Ausgangslage weiterer Untersuchungen sowie zur Identifikation schwacher Signale von Auswirkungen und/oder Entwicklungsmöglichkeiten plattformbasierter Arbeit sein.

Basierend auf dem skizzierten Forschungsbedarf wurden drei Forschungsfragen formuliert, wobei der Forschungsschwerpunkt breit gehalten wurde, um einen allgemeinen Einblick in das zu untersuchende Thema zu erhalten. Hintergrund hierfür war die Annahme, dass durch ein offenes Forschungsdesign und breit gehaltene Fragen schwache Signale über potentielle jetzige und zukünftige Entwicklungen eher erfasst werden können. Diese Studie dient dabei als Ausgangspunkt für weitere empirische Arbeiten in einem Mixed-Method-Ansatz um das Feld zu erforschen. Konkret waren die Fragen:

  1. Was sind die soziodemographischen Merkmale von plattformbasierten Arbeitnehmenden?

  2. Welche Arbeitsbedingungen gibt es bei plattformbasiertem Arbeiten?

  3. Wie zufrieden sind plattformbasierte MitarbeiterInnen?

Um diese Fragen zielgerichtet zu adressieren wurde 2018 eine quantitative Onlineerhebung durchgeführt. Die Umfrage analysierte Faktoren, die die plattformbasierten ArbeiterInnen und ihre Eigenschaften innerhalb Deutschlands beeinflussen. Gleichzeitig wurde die subjektive Wahrnehmung dieser Gruppe in Bezug auf ihre eigenen Arbeitsbedingungen sowie die Motive für die Durchführung der Tätigkeit untersucht. Durch die Klärung der Ist-Situation wird eine zielgerichtete Erforschung der Risiken und Chancen von ethischen, rechtlichen, sozialen und ethischen Aspekten ermöglicht. Ziel dieses Beitrags ist es, deskriptive Ergebnisse darzustellen und im Kontext der Plattformökonomie zu diskutieren. Ausgehend von diesen Fragen werden Annahmen über die aktuelle Situation der plattformbasierten MitarbeiterInnen abgeleitet, um erste Annahmen über die zukünftige Entwicklung des Feldes tätigen zu können.

2. Konzeptionelle und begriffliche Anknüpfungspunkte

2.1. Theoretischer Hintergrund

Um eine zielorientierte Forschung, sowie darin inkludiert eine zielorientierte (Mit-)Gestaltung von Zukunft, in diesem Kontext zu gewährleisten, ist die theoretische Perspektive ebenso wichtig wie die empirische Perspektive. Nur so lässt sich eine mögliche Entwicklung der Ist-Situation sowie der zukünftigen Situation nachvollziehen. Um relevante Forschungsfragen für eine empirische Erhebung zu formulieren, wurde ein theoretischer Rahmen gewählt, der sich aus der Arbeitswissenschaft und der Soziologie ableitet. Dieser diente bei der Entwicklung des Fragebogens als Hintergrundfolie, um die soziologische, die arbeitswissenschaftliche als auch die zukunftsforscherische Perspektive zu verknüpfen.

Die Arbeitswissenschaft bietet Verfahren und theoretische Modelle, um die Konstruktion verschiedener Verständnisse des Arbeitsprozesses zu untersuchen (Schlick, Luczak, & Bruder, 2018). Als interdisziplinäre, vom industriellen Kontext und der Ingenieurwissenschaft geprägte Wissenschaft, beschäftigt sie sich mit den arbeitsbezogenen Aktivitäten von Einzelpersonen und Gruppen und den Folgen der Arbeit (Sydow & Helfen, 2015). Hierfür können Arbeitsplatzbewertungen, aber auch qualitative und quantitative Befragungen durchgeführt werden, um so die Bedarfe von Arbeitspersonen zu erfassen. Ergänzt wird diese Sichtweise durch sozialwissenschaftlich verankerte Innovations- und Zukunftsforschung (Zweck, 2003). Eines der Ziele von Innovations- und Zukunftsforschung ist die präzise Erfassung der Ist-Situation bestimmter Phänomene, um daraus zukünftige Entwicklungen ableiten zu können. Als selbstreferenzierende Wissenschaft in Deutschland zielt Innovations- und Zukunftsforschung auf die professionelle Entwicklung eines geeigneten theoretischen und empirischen Instruments zur systematischen Erforschung neu auftretender Phänomene ab. Nach diesem theoretischen Ansatz besteht der erste Schritt bei der Erforschung der Entwicklung des Feldes darin, die aktuelle Situation der plattformbasierten MitarbeiterInnen erkennbar herauszuarbeiten, denn nur wer über die Gegenwart Bescheid weiß, kann Prognosen über zukünftige Entwicklungen ableiten (Zweck 2012). Die Autoren folgen damit Grundwald (2007), der postulierte, das Zukunft „nichts außerhalb der Gegenwart, sondern ein spezifischer Teil der jeweiligen Gegenwart“ ist (Grunwald, 2007). Es geht also um die Erforschung gegenwärtiger Konstruktionen bestimmter gesellschaftlicher Phänomene sowie Aspekte. In dem Kontext formuliert Graf bereits 2003, dass man „das Mystische an der Zukunft“ durch rationale und konkrete Methodiken, wie bspw. empirischen Studien beseitigen könne (Graf 2003). Um also die Frage nach der zukünftigen Entwicklungspotentiale der plattformbasierten Arbeit im Ansatz beantworten zu können, muss nicht nur eine theoretische, sondern auch eine empirische Perspektive das Feld durchdringen und Aussagen über den derzeitigen Zeitpunkt formulieren.

2.2. Entwicklung der plattformbasierten Arbeit

Die Entwicklung der plattformbasierten Arbeit begann laut Chesbrough (2006; 2003) bereits im Laufe des 20. Jahrhunderts. [1] Diese Entwicklung erreichte in den 90er Jahren ihren ersten Höhepunkt, als Unternehmen anfingen aktiv Unterstützung von bspw. Universitäten und Forschungseinrichtungen zu suchen: „Not all the smart people work for us. We need to work with smart people inside and outside our company” (Chesbrough, 2003). Begünstigt wurde diese Entwicklung von da an durch die technologischen Weiterentwicklungen von Handys und Computern sowie die Einführung von Smartphones, Tablet-Pc´s und Laptops. Begünstigt wurden die Etablierung und der Aufstieg von Plattformen laut Kirchner (2019) durch folgende Faktoren:

  • Mitgliedschaft: Um eine Plattform nutzen zu können ist zumeist die Registrierung sowie das Anlegen eines Accounts notwendig.

  • Regeln: die Marktorganisationen legen die Regeln, in denen Transaktionen über die Plattformen verlaufen (in Form von AGBs) fest.

  • Überwachung: Kundenbewertungssysteme sowie Speichern von Prozessdaten sorgen für eine Überwachung der angemeldeten Personen.

  • Sanktionen: Personen können für die Nutzung der Plattform gesperrt werden.

  • Hierarchie: ArbeiterInnen haben keinen Einfluss auf die Entscheidungen der Marktorganisation der Plattform.

"Plattformbasierte Arbeit" stellt mittlerweile einen Sammelbegriff für Vermittlungs- und Akquisedienstleistungen dar, die zumeist ohne einen für Normalarbeitsverhältnisse typischen Vertrag bspw. Arbeiten durchgeführt werden. „Plattformen“ sind internetbasierte Portale, in denen die Möglichkeit zur Interaktion verschiedener Akteure (zumeist den NutzerInnen der Plattform sowie VerkäuferInnen btw. AnbieterInnen) geboten wird. Die Plattform dient dabei klassischerweise als Vermittler. Nach dem Registrierungsvorgang ist zumeist jede Organisation oder Einzelperson in der Lage Aufträge aufzugeben btw. Aufträge anzunehmen. Die Ausübung plattformbasierter Tätigkeit kann entsprechend eine alternative oder ergänzende Tätigkeit zu dem Normalarbeitsverhältnis darstellen.

Leimeister, Durward und Zogaj (2016) schlagen eine Aufteilung der Plattformen in fünf Marktgruppen vor: Mikroaufgaben-, Markt-, Design-, Test- und Innovationsplattformen. Die Plattformen unterscheiden sich sowohl in der Art der Aufträge als auch in den Arbeitsformen. Namen für Untergruppen, die auf der Grundlage dieser Unterscheidung gebildet werden können, sind z.B. Crowdwork oder Clickworker und auch Freelancer (Däubler, 2015; Pongratz & Borman, 2017; Mrass, Peters & Leimeister, 2018a, 2018b). Die Unterschiede der Tätigkeiten sind dabei qualitativer Art: Während Clickworker z.B. durch Kleinstaufgaben kleine Summen erwirtschaften, können (IT-)Freelancer komplexe Aufgaben bearbeiten und entsprechend größere Summen erwirtschaften. [2]

3. Methode

3.1. Fragebogenkonstruktion

Der Fragebogenkonstruktion wurde eine Recherche zu standardisierten und validierten Fragebögen Anfang 2018 vorgeschaltet. Die Recherche ergab im Kontext der Forschungsfragen zu diesem Zeitpunkt kaum validierte Werkzeuge für eine adäquate Messung. Aus diesem Grund wurden bestehende, standardisierte Fragebögen entsprechend dem Untersuchungsgegenstand für die webbasierte Umfrage modifiziert und/oder gekürzt. Darüber hinaus fand die Entwicklung themenspezifischer Fragen zum Komplex der plattformbasierten Arbeit statt (siehe Tabelle 1).

Tabelle . 1: Themenschwerpunkte in der Umfrage

Blöcke

Faktoren/Informationen

Soziodemographie (demographische Standards in Deutschland)

Geschlecht

Alter

Nationalität

Wohnort

Beruflicher Werdegang

Familienstand

Wohnsituation

Nutzung technischer Geräte

Bildung (demographische Standards in Deutschland)

Höchster Schulabschluss

Berufliche Qualifikationen

Beschäftigungsverhältnis (demographische Standards in Deutschland)

Erwerbstätigkeit

Digitales Beschäftigungsverhältnis

Zusätzliche Beschäftigungen

Anzahl Beschäftigungsverhältnisse

Art des Beschäftigungsverhältnisses

Monatliche Unterstützung von

Einzelheiten plattformbasierter Arbeit

Art der Arbeit

Beschreibung der Arbeit

Struktur

Arbeitszeit

Bereitstellung von Arbeitsmaterial

Finanzielle Situation

Erfahrungen der TeilnehmerInnen von plattformbasierter Arbeit.

Feedback zur verrichteten Arbeit

Kommunikation mit Anderen

Austausch (bspw. Betriebsrat)

Zufriedenheit im Job (DGB- Index)

Persönliche Eigenschaften

Wohlbefinden der TeilnehmerInnen (WHO-5)

Charakterzüge (BFI-10)

Ergonomie

Arbeitsplatzgestaltung

Ergonomie am Arbeitsplatz


Der Fragebogen wurde thematisch in verschiedene Blöcke unterteilt. Im ersten Block wurden 27 soziodemografische Items identifiziert, um sie mit der deutschen Bevölkerung vergleichen zu können (Statistisches Bundesamt, 2016) dargestellt. Dementsprechend wurden deskriptive Werte wie bspw. Geburtsjahr, Geschlecht und Nationalität erhoben.

Der folgende, zweite Block befasste sich mit dem Bildungsstand der TeilnehmerInnen, bevor die Beschäftigungssituation angesprochen wurde (Statistisches Bundesamt, 2016). Neben der institutionalisierten Erwerbsarbeit lag der Schwerpunkt auf der Arbeit im digitalen Bereich. Zu den untersuchten Variablen gehörten die Anzahl der Arbeitsverhältnisse (auch plattformbasierte Arbeit), die Art der Erwerbstätigkeit sowie eine potentielle monatliche Unterstützung, z.B. eine Sozialrente. Anschließend wurden spezifische Aspekte der ausgeführten plattformbasierten Arbeit und ihrer Struktur unter dem TeilnehmerInnen sowie der Bereitstellung von Arbeitsmaterialien erfragt, bevor Fragen zur finanziellen Situation der TeilnehmerInnen folgten.

Anschließend wurden die Erfahrungen der TeilnehmerInnen, die sie im Rahmen der der plattformbasierten Arbeit gesammelt haben, diskutiert. Dieser Teil beinhaltete Feedback zur geleisteten Arbeit, der Kommunikation mit anderen Plattform-MitarbeiterInnen und die Gegebenheiten eines betriebsratsähnlichen Austauschs. Darauffolgend wurde die Arbeitszufriedenheit bei den Plattformmitarbeitenden erhoben (Holler, Krüger, & Mußmann, 2014; Institut Deutscher Gewerkschaftsbund, 2017).

Der nächste Block thematisierte das Wohlbefinden der TeilnehmerInnen der letzten zwei Wochen, das durch den WHO-5 Fragebogen zum Wohlbefinden erhoben wurde (Weltgesundheitsorganisation, 2010; Topp, Østergaard, & Søndergaard, 2015). In Bezug auf die plattformbasierten Arbeitenden und deren Persönlichkeitsmerkmale wurde das BFI-10 im Fragebogen implementiert (Rammstedt & John, 2007; Rammstedt, Kemper, Klein, Beierlein, & Kovaleva, 2017), um mögliche Unterschiede hinsichtlich der Normstichproben untersuchen zu können.

Abschließend wurden zehn Punkte aus den Fragen der Checkliste „Ergonomie am Arbeitsplatz“ erhoben, um mehr über die ergonomischen Bedingungen am Arbeitsplatz erfahren zu können (Heidenberger, 2018). Am Ende des Fragebogens hatten die TeilnehmerInnen die Möglichkeit, sich zu diesem Thema frei zu äußern.

3.2. Vorgehen

Nach Generierung der Forschungsfragen und Erstellung einer ersten Version des Fragebogens wurde dieser im ersten Quartal 2018 in einem Testlauf auf mögliche Fehler untersucht. Die Umfrage wurde daraufhin am Ende des ersten Quartals 2018 gestartet und zweimal beworben. Nach einem Monat wurde die Umfrage geschlossen und anschließend mit Hilfe der IBM SPSS Statistics 24 Software analysiert. Insgesamt wurden in der Umfrage 95 Datensätze erhoben, wobei zwei Datensätze aufgrund unvollständiger Angaben entfernt werden mussten. Darüber hinaus wurden TeilnehmerInnen ausgeschlossen, die keiner plattformbasierten Tätigkeiten nachgingen. Somit blieben N = 81 Datensätze übrig. Es erfolgte eine deskriptive Datenauswertung. Der offene Kommentarteil der Umfrage wurde kodiert und analysiert. Auf eine multivariate Analyse der Ergebnisse wurde aufgrund der geringen Stichprobe verzichtet.

4. Ergebnisse

4.1. Soziodemographische Merkmale der plattformbasierten MitarbeiterInnen

Das Geschlechterverhältnis der Stichprobe ist ungleich verteilt mit 51 (63%) Männern und 30 (37%) Frauen. Der Mittelwert des Alters (N = 79) beträgt 33 Jahre bei einem SD von 12,74 Jahren. Der / Die jüngste TeilnehmerIn der Umfrage wurde 2003 geboren, der älteste 1947.

60 TeilnehmerInnen (74,1%) wurden in Deutschland geboren und 66 Personen (81,5%) haben die deutsche Staatsangehörigkeit. 54 (66,7%) der befragten Personen leben in Städten und 27 (33,3%) in ländlichen Gebieten. 48 Personen (59,3%) wohnen zur Miete, 26 Personen (32,1%) haben ein/e eigene/s Haus/Wohnung". 19 Personen (23,5%) gaben an, unter einer chronischen Krankheit zu leiden. Von diesen 19 Personen wurden 10 (52, 63%) Personen im Jahr 1970 oder früher geboren, was vermuten lässt, dass es sich um altersspezifische Krankheiten handelt. Rund ein Drittel der Befragten war verheiratet oder in einer Partnerschaft und 22 der befragten Personen hatten Kinder. Tabelle 2 zeigt den Familienstand einschließlich der Kinderbindung.

Tabelle . 2: Familienstand inklusive der Fürsorge für Kinder

Antwortoption

N

%

Partnerschaft mit Kindern

15

18,5

Partnerschaft ohne Kinder

8

9,9

Gemeinschaft (zusammenlebend) mit Kindern

2

2,5

Gemeinschaft (zusammenlebend) ohne Kinder

7

8,6

Alleinstehend mit Kind

5

6,2

Alleinstehend ohne Kind

39

48,1

Fehlend

5

5,3

Insgesamt

81

100


Im BFI-10 Persönlichkeitsfragebogen unterschieden sich die fünf Dimensionen der Stichprobe (Extraversion, Neurotizismus, Offenheit, Gewissenhaftigkeit und Verträglichkeit) nicht signifikant von der Referenzstichprobe mit N = 1134 Personen (Rammstedt & John, 2007; Rammstedt et al., 2017). Daraus resultierend weist die Stichprobe in Bezug auf die fünf Persönlichkeitsmerkmale keine Besonderheiten hinsichtlich der bevölkerungsrepräsentativen Stichprobe von Rammstedt und John (2007) auf. Deswegen ist die hier untersuchte Stichprobe auf der Grundlage dieser psychometrischen Kennwerte zur deutschen Bevölkerung als vergleichbar ausgeprägt zu betrachten.

Ausbildung und Beruf

Die TeilnehmerInnen hatten die folgenden höchsten allgemeinen Bildungsabschlüsse: 12 Personen (14,8%) hatten einen Hochschulabschluss (Fachhochschulreife), 42 Personen (51,9%) Abitur, 15 Personen (18,5%) einen Realschulabschluss, sieben Personen (8,6%) einen Hauptschulabschluss. Darüber hinaus wurde in der Umfrage auch erfragt, über welche beruflichen Qualifikationen die TeilnehmerInnen verfügen (siehe Tabelle 3).

Tabelle . 1: Berufliche Qualifikationen der TeilnehmerInnen (mehrere Antworten möglich)

Antwortoption

N

%

Noch in beruflicher Ausbildung (Berufsgrundbildungsjahr, Auszubildende, Praktikant, Student)

17

14,7%

Schüler eines Berufskollegs, Berufsfachschule o. Ä.

4

3,4%

Berufsbildung abgeschlossen

30

25,9%

Im öffentlichen Dienst tätig

6

5,2%

Abschluss im Bereich sozialer Arbeit (z.B. Erzieher) oder im Gesundheitswesen (z.B. Krankenpfleger)

2

1,7%

Abschluss an einer technischen Fachhochschule, Studium der Betriebswirtschaftslehre oder Abschluss eines technischen Bachelorstudiengangs

8

6,9%

Bachelor

16

13,8%

Diplom

14

12,1%

Master, Magister, Staatsexamen

11

9,5%

Keine berufliche Qualifikation und gegenwärtig in keiner befindend

6

5,2%

Andere berufliche Qualifikationen

2

1,7%

Insgesamt

116

100 %


Die Beschäftigungssituation der 81 TeilnehmerInnen stellt sich (mit mehreren Antwortmöglichkeiten) wie folgt dar: 40 Personen (49,4%) waren jenseits der Plattformarbeit Vollzeitbeschäftigte, 18 Personen (22,2%) waren in Teilzeit beschäftigt, neun Personen (11,1%), die geringfügig beschäftigt waren, 8 Personen (9,9%), die nur gelegentlich oder unregelmäßig beschäftigt waren und sechs Personen (7,4%), die eine Ausbildung absolvierten. 16 Personen (19,8%) gaben an, dass sie nicht erwerbstätig seien.

Es wurde auch gefragt, wie viele Tätigkeiten, einschließlich der plattformbasierten Arbeit, die Teilnehmerinnen hatten. Von den 81 TeilnehmerInnen berichteten 36 (44,4%) über ein Arbeitsverhältnis, 19 (23,5%) über zwei Arbeitsverhältnisse, 5 (6,2%) über mehr als zwei Arbeitsverhältnisse und 21 (25,9%) über kein Arbeitsverhältnis. Darüber hinaus gaben 35 Personen (43,2%) an, sie seien selbständig. Auf die Frage nach der monatlichen Unterstützung gaben 15 Personen (18,5%) an, dass sie diese in Anspruch nehmen. Im Durchschnitt deckt diese monatliche Unterstützung 50% der Lebenshaltungskosten der Befragten mit einem SD von 1,257.

Plattformbasiertes Arbeiten

Es wurden verschiedene Handlungsfelder im Bereich der plattformbasierten Arbeit untersucht. Mehrfachnennungen waren erlaubt, da davon ausgegangen wurde, dass einige der Online-MitarbeiterInnen an verschiedenen Aktivitäten beteiligt waren. 36 (44,4%) der Befragten würden sich als Clickworker bezeichnen, 24 (29,6%) als Freelancer, 16 (19,8%) als Crowdworker und 13 (16%) als Programmierer. 15 Personen gaben an (18,5%), dass sie an anderen Tätigkeiten beteiligt waren. Tabelle 4 zeigt die Ergebnisse aufgeschlüsselt nach dem Geschlecht.

Tabelle . 4: Unterteilung plattformbasierter ArbeiterInnen anhand des Geschlechts

Antwortoption

Geschlecht

Ges.

M

W

Clickworker

21

15

36

Freelancer

16

8

24

Crowdworker

12

4

16

Crowdfunding

4

2

6

Übersetzer

2

1

3

Grafikdesigner

4

3

7

Videoproduzenten

4

0

4

Ghostwriter

1

4

5

Programmierer

11

2

13

Datensammler

6

3

9

Keine der zuvor Genannten

3

1

4

Anderweitige Tätigkeiten

5

10

15

Insgesamt

51

30

81


Die TeilnehmerInnen hatten die Möglichkeit, ihre Tätigkeitsprofile in einer offenen Frage zu benennen und zu beschreiben. Tabelle 5 zeigt die Bewertung der offenen Antworten, kodiert nach der Häufigkeit der Beschreibungen. Die am häufigsten genannten Arbeitsbereiche lassen sich wie folgt zusammenfassen: (1) Tester von Softwareentwicklern, Anwendungen, Spielen und digitalen Produkten (18 Erwähnungen), (2) Befragte in Online-Umfragen (17 Erwähnungen).

Tabelle . 5: Kodierte offene Antwortmöglichkeiten plattformbasierter ArbeiterInnen (N = 66)

N

Beispiele

Programmtester, Anwendungen, Spiele und digitale Produkte

18

Software- und Applikationstester

Befragter bei Online-Umfragen

17

Teilnahme an Umfragen

Suche nach Fehlern online

15

Fehlerbereinigung und Anwendungstests

Marketing und Management (von Firmen, Produkten und Webseiten)

14

Marketingmanager

Programmierung, Hilfe beim Erstellen und Erhalten von Webseiten

9

Entwicklung von Webseiten

Editor/ Autor der Texte (Onlineartikel/akademische Artikel)

8

PR-Artikel

IT Aufgaben (kundenbezogene Daten, Datenverwaltung, Dateneingabe und Datenanalyse)

8

Wartung der Cloud

Mediendesign

6

Bearbeitung von Fotos und Videos

Softwareentwickler

6

Anwendung/ Software / Verbindungen

Persönliche Betreuung (Beratung / Trainer / Lehrer / Beratung)

6

Interviews / virtueller Assistent

Clickworker

6

Graphische Auswertungen

Untersuchung

5

Produktsuche

Onlineshops

5

Hilfe und Konzeption

Soziale Medien

4

Aufstellung der sozialen Medien von Firmen

Finanzieller Sektor

4

Finanzanalyse

Übersetzer

3

Deutsch in Englisch und umgekehrt

Kundendienst für Hardware und Software

3

Kundenservice

Betreuung des Personals und Rekrutierung

3

Bereitstellung von IT-Spezialisten


4.2. Arbeitsbedingungen der plattformgebundenen MitarbeiterInnen

Die Ergebnisse der Bedingungen der Online-Arbeit lassen sich in die folgenden Dimensionen unterteilen: (I) Arbeitszeit, (II) Arbeitsplatz, (III) finanzielle Situation, (IV) Ergonomie und Interaktion zwischen den Beteiligten (V).

Arbeitszeit

Bei der Abfrage der Wochenarbeitszeit aller arbeitsbezogenen Tätigkeiten der TeilnehmerInnen (N = 78) ergab sich ein Durchschnitt von M = 32,76 Stunden (SD = 18,18). Der Mittelwert für die Arbeitszeit plattformbasierter Arbeit (N = 79) pro Woche betrug 17,3 Stunden (SD = 16,45). In diesem Zusammenhang gaben 41 Personen (50,6%) an, dass sie ihre Arbeit zwei Tage in der Woche ruhen lassen, wohingegen 35 Personen (42,2%) diesem Verhalten nicht nachgehen.

Die Befragten wurden zusätzlich nach ihrem Einfluss auf den Arbeitsaufwand und ihren Einfluss auf die Arbeitszeit befragt (bei den möglichen Antworten 1 = „überhaupt nicht“, 2 = „in geringerem Maße“, 3 = „in größerem Umfang“, 4 = „in sehr größerem Umfang“). Der Mittelwert der Arbeitsbelastung war 2,86 (SD = 0,10). Der Mittelwert der Arbeitszeitgestaltung beträgt M = 3,15 (SD = 0,98). Diese Umfrage wurde um konkrete Fragen erweitert (siehe Tabelle 6).

Tabelle . 6: Durchschnittliche Bewertung der Arbeitszeiten (N = 81)

Items Arbeitsplanung

M

SD

Wie häufig arbeiten Sie an Wochenenden?

2,74

0,89

Wie oft arbeiten Sie zu regulären Zeiten?

2,40

0,89

Wie oft arbeiten Sie an Abenden, zwischen 18:00 und 23:00 Uhr?

2,80

0,78

Wie oft arbeiten Sie in der Nacht, zwischen 23:00 und 6:00 Uhr?

1,75

0,87

Wie oft wird von Ihnen erwartet, dass Sie außerhalb der regulären Arbeitszeiten, z.B. per Mail oder Telefon, erreichbar sind?

2,00

1,00

Wie oft verrichten Sie unbezahlte Arbeit für ihre Firma außerhalb der üblichen Arbeitsstunden?

1,79

0,74


Anmerkung: Die Vier-Punkte-Skala ist wie folgt kodiert: “nie“ mit eins, „selten“ mit zwei, „oft“ mit drei und „sehr oft“ mit vier.

Arbeitsort

Bei dem Arbeitsort war die am häufigsten angekreuzte Antwortmöglichkeit, dass die Arbeitspersonen von Zuhause aus arbeiteten: Insgesamt 64 TeilnehmerInnen (54,3 %) wählten diese Antwortoption (siehe Tabelle 7).

Tabelle . 7: Wo befindet sich Ihr Arbeitsplatz oder von wo arbeiten Sie üblicherweise aus? (mehrere Antworten möglich)

Items

N

%

Zuhause (ohne eigenes Büro)

46

39,0%

Zuhause (mit eigenem Büro)

18

15,3%

Bürokomplex (ohne eigenes Büro)

11

9,3%

Bürokomplex (mit eigenem Büro)

13

11,0%

Öffentliche Gebäude (Bibliotheken, Bahnhöfe, Arbeitsämter, etc.)

6

5,1%

Beim Kunden

10

8,5%

In lokalen Kneipen (Restaurants, Cafés, etc.)

4

3,4%

Draußen

6

5,1%

Anderweitige Orte

3

2,5%

fehlend

1

0,8%

Insgesamt

118

100%


Finanzielle Situation

Die finanzielle Situation wurde mithilfe der Art der Vergütung für plattformgebundene Arbeiten beurteilt (siehe Tabelle 8). Abhängig von der zu erfüllenden Aufgabe gibt es sichtbare Unterschiede.

Tabelle . 8: Auf welche Weise wird die Arbeit bezahlt? (mehrere Antworten möglich)

Items

N

%

Stundenlohn

16

14,4%

Monatslohn (entsprechend des Tarifvertrags)

14

12,6%

Feste Pauschale

17

15,3%

Projektarbeit (feste Bezahlung per Auftrag)

38

34,2%

Materielle Objekte

5

4,5%

Gar nicht

3

2,7%

Ohne nähere Angabe

6

5,4%

Anderweitig

12

10,8%

 Insgesamt

111

100%


Anmerkung: andere Erwähnungen: Bezahlung entspricht dem Erfolg in Fehlerbeseitigungen, freiwilliger Arbeit, Gewinnabschöpfung, Gutscheine, Kommission per Bestellung, Preis/Wort, Stundensatz und Tageskurse.

In der Umfrage wurde das Haushaltsnettoeinkommen der TeilnehmerInnen betrachtet. Das Gehalt bei der Ausübung plattformbasierter Arbeit stellt einen Teil davon dar. Im Durchschnitt verdienen die TeilnehmerInnen zwischen 851 und 1750 Euro (N = 70). Darüber hinaus war ebenfalls von Interesse, wie viel von den Einnahmen aus der plattformbasierten Arbeit in das laufende Einkommen der TeilnehmerInnen einfließt. Im Durchschnitt gaben die TeilnehmerInnen an, dass rund 25% der plattformbasierten Arbeit in das Haushaltseinkommen fließt.

Ergonomie

Auf die Frage nach den ergonomischen Bedingungen hatten die TeilnehmerInnen die Möglichkeit, mit einer Likert-Skala mit fünf Werten zu antworten („Nicht zutreffend“ = 1, „Eher nicht zutreffend“ = 2,“Teils/Teils“ = 3, „Eher Zutreffend“ = 4 bis „Zutreffend“ = 5). Tabelle 9 zeigt die mittleren Werte der abgefragten Variablen. Im Durchschnitt waren die Antworten neutral bis positiv.

Tabelle . 9: Durchschnittliche Rate der ergonomischen Konditionen

Ergonomische Items

N

M

SD

Die Größe meines PC-Bildschirms ist meinen zu verrichtenden Aufgaben angemessen

81

4,02

1,02

Die Distanz zum PC-Bildschirm ist ausreichend um die Aufgaben lesen zu können

81

4,22

0,91

Es ist ausreichend Tischfläche vorhanden (160 cm Tischweite) für das benötigte Arbeitsmaterial und Geräte.

81

4,00

1,16

Der Arbeitsstuhl lässt eine gute Arbeitshaltung zu (rechter Winkel Oberschenkel/Unterschenkel, Bodenkontakt, horizontale Armlehnen).

80

3,70

1,30

Der Arbeitsstuhl ermöglicht eine komfortable Sitzhaltung (hoch, durchgehende Rückenlehne, verstellbare Armlehnen und Rückenlehne).

81

3,58

1,36

In der Regel gibt es keine Störungen oder Ärgernisse während der Arbeitszeit, die durch Lärm verursacht werden.

80

3,30

1,32

Ich habe keine gesundheitlichen Probleme mit meinen Augen, Ohren, meinem Rücken oder meiner allgemeinen gesundheitlichen Verfassung.

81

3,52

1,25


Interaktion zwischen den Akteuren

Hier wurde gefragt, ob die TeilnehmerInnen bereits/zuvor (einmal) Feedback über die von ihnen verrichtete plattformbasierte Arbeit erhalten haben. 32 TeilnehmerInnen (39,5%) beantworteten diese Frage positiv, 35 TeilnehmerInnen (43,2%) gaben an, dass sie manchmal Feedback erhalten. 11 Personen (13,6%) gaben an, kein Feedback zu erhalten haben. Die Rückmeldungsformen erfolgten unterschiedlich (siehe Tabelle 10).

Tabelle . 10: Feedbackäußerung gegenüber den Angestellten (mehrere Antworten möglich)

 Antwortoption

N

%

Rezension

28

22,6%

Kommentarfunktion

41

33,1%

Von Angesicht zu Angesicht

12

9,7%

Bewertungsportal

16

12,9%

Videochat

4

3,2%

Nachrichten-App/SMS

10

8,1%

Nicht spezifiziert

10

8,1%

Anderweitig

3

2,4%

 Insgesamt

124

100%


Es wurde auch gefragt, ob die Teilnehmerinnen bereits bei der Durchführung ihrer Arbeit von Plattformbetreibern ermahnt wurden. Insgesamt fünf TeilnehmerInnen (6,2%) haben bereits eine Ermahnung erhalten, während 70 (86,4%) noch keine erhalten haben. Abschließend wurde gefragt, ob die TeilnehmerInnen mit anderen Personen in Kontakt stehen, die auf einer Plattform arbeiten. Dies wurde von 47 Personen (58%) bestätigt, von 28 Personen (34,6%) jedoch verneint. Die Kontaktaufnahme erfolgt online über Webmedien, aber auch persönlich, z.B. über Telefonate (siehe Tabelle 11).

Tabelle . 11: Kommunikationsmöglichkeiten zwischen PlattformmitarbeiterInnen (mehrere Antworten möglich)

Antwortoption

N

%

Gar nicht

21

13,5%

Plattform zum chatten

24

15,5%

Bewertungsportal

6

3,9%

Mittels der Plattform, über die die Arbeit verrichtet wird

26

16,8%

Telefon

20

12,9%

Von Angesicht zu Angesicht

18

11,6%

Videochats

10

6,5%

Über eine anderweitige Plattform (nicht von der Arbeitsstelle bereitgestellt)

5

3,2%

Via SMS/Nachrichten-Apps

14

9,0%

Nicht spezifiziert

6

3,9%

Anderweitige Kommunikationsmöglichkeiten

5

3,2%

 Insgesamt

155

100%


4.3. Zufriedenheit der plattformbasierten MitarbeiterInnen

Schließlich wurden die TeilnehmerInnen anhand des Weltgesundheitsorganisations-Fragebogens (WHO-Fragebogens) zur Arbeitszufriedenheit befragt. Ein Summenwert teilt das gute Wohlbefinden (Summenwert 13-25) in dichotome Kategorien und das schlechte Wohlbefinden (Summenwert < 13) bei behandlungsbedürftiger Überlastung sollte für die weitere gezielte Diagnostik entscheidend sein. Im Durchschnitt wurde von den TeilnehmernInnen ein Wert von 13,75 (SD = 5,75) erreicht. 28 TeilnehmerInnen (34,6%) hatten ein schlechtes Wohlbefinden und 53 TeilnehmerInnen (65,4%) ein gutes Wohlbefinden (siehe Abbildung 1).

Abb. 1: Verteilung der WHO Gesamtpunktzahl in Bezug auf Arbeitszufriedenheit (N = 80)

5. Diskussion

5.1. Wichtigste Erkenntnisse

In den vorangegangenen Kapiteln wurden die deskriptiven Ergebnisse der Studie 2018 vorgestellt, um einerseits die derzeitige Situation von PlattformmitarbeiterInnen zu erfassen und andererseits die Basis für eine „Entmystifizierung“ der Zukunft mittels empirischer Forschung der Gegenwart voranzutreiben (Graf 2003). Die Kernergebnisse lassen sich wie folgt zusammenfassen:

  1. Hinsichtlich der Frage, welche soziodemografischen Aspekte plattformbasierte ArbeitnehmerInnen charakterisieren, deuten die Umfrageergebnisse darauf hin, dass die MitarbeiterInnen von Online-Plattformen zu einer vergleichsweise jungen Gruppe von Menschen gehören und dass es sich um eine überwiegend männlich dominierte Gruppe handelt. Mehr als die Hälfte der TeilnehmerInnen sind in keiner festen Partnerschaft und haben keine Kinderpflichten. Die Berufsausbildung ist breit gefächert. Die TeilnehmerInnen verfügen über akademische Abschlüsse wie Bachelor- und Master-Abschlüsse, aber auch über einen Hintergrund mit Berufsausbildung. Aus dem Tätigkeitsprofil der plattformbasierten Arbeit nahmen insbesondere drei Personengruppen an der Umfrage teil: (1) Clickworker, (2) Freelancer und (3) Crowdworkers.

  2. Die Frage nach den Arbeitsbedingungen des plattformbasierten Arbeitens kann wie folgt beantwortet werden: Im Durchschnitt arbeiten die TeilnehmerInnen zwischen 17,25 Stunden und 32,76 Stunden im plattformbasierten Bereich. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass sie den Umfang der Arbeit und der Arbeitszeiten selbstständig bewältigen können und gelegentlich an Wochenenden oder Abenden arbeiten. Die Hälfte der TeilnehmerInnen arbeitet von zu Hause und in diesem Fall von einem Schreibtisch aus. Im Durchschnitt verdienen die TeilnehmerInnen zwischen 851 und 1750 Euro als Plattformmitarbeiter. Plattformbasierte Arbeit ist für etwa 25% des Haushaltseinkommens verantwortlich. Auch die ergonomischen Bedingungen gelten den Umfragewerten entsprechend als nicht unangebracht. Darüber hinaus findet innerhalb dieser Gruppe ein Austausch statt: Mehr als die Hälfte der Befragten (43,2%) erhält Feedback zu ihrer Arbeit. Ebenso tauscht die Hälfte der Befragten Informationen mit anderen Mitarbeitenden von Plattformen aus.

  3. Schließlich hatten etwa 65 % der Befragten ein positives Wohlbefinden. An dieser Stelle ist jedoch auch darauf hinzuweisen, dass 35% der befragten MitarbeiterInnen unzufrieden waren, deren Ursachen weiterhin offen für Spekulationen sind und in der zukünftigen Forschung angegangen werden sollten.

5.2. Diskussion der Ergebnisse

Die Erforschung der Digitalisierung der Arbeit und damit einhergehend ihrer derzeitigen sowie zukünftigen Transformationsmöglichkeiten bieten viel Raum für Spekulationen, Hypothesen und Prognosen (Zink et al., 2019). Man muss jedoch im Sinne einer verantwortungsbewussten Innovations- und Zukunftsforschung insbesondere auf eine Prüfbarkeit dieser zukunftsbezogenen Aussagen verweisen um valide Aussagen treffen und diskutieren zu können (Grunwald, 2013). Dabei sei darauf verwiesen, das Zukunftsaussagen immer gegenwartsbezogen sind und eine logische Ableitung zukünftiger Aussagen nicht immer möglich ist (Grunwald, 2009). Jedoch kann Zukunft sprachlich erfasst werden. Basiert dabei die sprachliche Erfassung auf einer Analyse der Ist-Situation, können subjektive und willkürliche Elemente minimiert werden. Entsprechend lassen sich die Hauptfragen dieses Beitrags wie folgt einordnen sowie in erste Annahmen „übersetzen“:

(1) Bei der ersten Frage nach den soziodemographischen Aspekten von plattformgebundenen Arbeiten ist ein Trend zu beobachten. Dieser kann durch die Studie Bertschek, Ohnemus und Viete (2015) sowie der Bertelmanns Stiftung (2019) bestätigt werden, in der festgestellt wurde, dass die MitarbeiterInnen im Bereich der Crowdwork jünger und auch in anderen Beschäftigungsverhältnissen tätig sind. Dort war die Mehrheit der Befragten ebenfalls männlich. Zu diesem Ergebnis gelangte auch die Studie von Huws, Spencer und Joyce (2016), in der die MitarbeiterInnen in Europa befragt wurden. Abgesehen vom Vereinigten Königreich, wo Frauen in dieser Art von Arbeit dominieren (52%), sind in den übrigen Ländern (Vereinigtes Königreich, Schweden, Deutschland, Österreich, Niederlande) 56% und 62% der Männer in diesem Arbeitsfeld tätig [3]. Auch der Anteil der Personen mit Kindern unter den TeilnehmerInnen war relativ gering und ein relativ hoher Anteil (über 70%) in einem institutionalisierten Beruf, was der Aussage, dass insbesondere diese Personen plattformgebundene Arbeit leisten, nicht gerecht wird (Al-Ani & Stumpp, 2016). Entsprechend kann an dieser Stelle für die zukünftige Entwicklung vermutet werden, dass der Anteil jüngerer Menschen, die diese Art von Arbeit ausführen, zunehmen wird. Jedoch sei an dieser Stelle ebenfalls auf Digitalisierungsprozesse verwiesen, durch die die plattformbasierte Arbeit Einzug in die breite Gesellschaft halten kann. Hierdurch ist es denkbar, dass innerhalb der demographischen Merkmale der Individuen in weiteren Studien eine breitere Streuung erzielt wird.

(2) Weiterhin zeigt sich, um die zweite Forschungsfrage zu adressieren, dass plattformbasierte MitarbeiterInnen mit M=17,25 Stunden pro Woche etwa zwei volle Arbeitstage auf der Arbeit verbringen und 50% der Probanden die Arbeit keine zwei Tage ruhen lassen. Die TeilnehmerInnen müssen sich daher mit einem erheblichen zusätzlichen Aufwand pro Woche begnügen. Nach der aktuellen Debatte über plattformbasiertes Arbeiten könnte vermutet werden, dass die mangelnde Beteiligung der MitarbeiterInnen in die Prozesse der Arbeitsbedingungen, Regularien sowie Gesetzeslagen, bereits zu einer Prekarisierung geführt hat, die sich auf die Unzufriedenheit der MitarbeiterInnen auswirkt (Carstensen, 2015). Die Prognose auf eine solche zukünftige Entwicklung kann mithilfe der vorliegenden Forschungsergebnisse zumindest angezweifelt werden, auch wenn hier weitere Forschung vonnöten ist. Vorstellbar wäre an dieser Stelle, das durch Digitalisierungsaspekte „Arbeit“ in dem institutionellen Sinne neu definiert wird. Insbesondere vor dem Hintergrund des unsicheren Entwicklungspotentials (Burtch, Carnahan, & Greenwood, 2016) sowie der Entwicklungen im Kontext der Corona-Krise kann vermutet werden, dass sich das Normalarbeitsverhältnis sowie plattformbasierte Arbeit strukturell annähern. Spannend in dem Kontext ist, dass TeilnehmerInnen (43,2%) Angaben manchmal Feedback zu erhalten. Insbesondere vor dem Hintergrund der Home-Office Situation infolge der Corona-Krise könnte –so die Vermutung – dieser Punkt an Relevanz gewinnen.

(3) Bezogen auf die dritte Forschungsfrage lässt sich folgendes feststellen: Betrachtet man die Ergebnisse aus ergonomischer Sicht, so kann festgestellt werden, dass die Mehrarbeit und die Tatsache, dass viele der Plattformmitarbeitenden zu Hause arbeiten, über einen längeren Zeitraum zu gesundheitlichen Risiken führen können. Gleichzeitig kann dies das Wohlbefinden der TeilnehmerInnen beeinträchtigen (Schlick et al., 2018). Entsprechend könnten sich diese Faktoren, die derzeit nur ein schwaches Signal darstellen, in Zukunft verstärken und an Bedeutung gewinnen. Die Ergebnisse der vorliegenden Studie deuten aber darauf hin, dass die Unzufriedenheit in diesem Bereich nicht in einem solchen Maße vorherrscht. Obwohl etwa 35% der TeilnehmerInnen mit ihrer Situation unzufrieden sind, sind 65% mindestens zufrieden. Fraglich bleibt jedoch, wie die Entwicklungen im Kontext der Corona-Krise Einfluss auf die Zufriedenheit von Arbeitspersonen haben. Gleichzeitig zeigte die Studie, dass die Ausbildungsabschlüsse und die institutionalisierte Beschäftigungssituation eine große Streuung aufweisen. Nimmt man die hier vorliegenden Tendenzen, so könne vermutet werden, dass durch bspw. Corona-Pandemie, verstärkt werden. Arbeit wird damit – so die Vermutung – Orts- und Zeitunabhängig (Burtch, Carnahan, & Greenwood, 2016). Durch die Zunahme an Arbeit von Zuhause steigt außerdem in dem Fall der Bedarf an ergonomischen Arbeitsplätzen in diesem Bereich. Hier könnte die Unzufriedenheit weiter steigen, wenn keine entsprechenden Gegenmaßnahmen ergriffen werden. Eine zweite denkbare Option wäre hingegen, dass die Individuen selbstständig versuchen ergonomische Heimarbeitsplätze einzurichten, was vom Arbeitgeber unterstützt wird. Weiterhin wäre auch denkbar, dass die neue Form der Flexibilisierung die Zufriedenheit verstärkt, da die in diesem Feld arbeitenden Akteure freier in ihrer Zeiteinteilung werden und so besser auf private und berufliche Stressoren reagieren können. Um hier jedoch die Bedürfnisse und Bedarfe von PlattformarbeiterInnen zu erfüllen, müssen nicht nur diese, sondern ebenfalls Chancen und Herausforderungen des Feldes der plattformbasierten Arbeit, wie eingangs dargestellt, vertiefend Untersucht werden (Drahokoupil, Blohm, & Leimeister, 2016; De Stefano, 2016; Schor & Attwood-Charles, 2017; Ahsan, 2018; Tucker et al., 2018).

Für eine potentielle zukünftige Entwicklung des Arbeitsfeldes können folgende Vermutungen geäußert werden: Im Bereich der plattformbasierten Arbeit zeichnet sich ein Trend zu zusätzlichen Arbeiten ab. Dies könnte ohne Regulierung, Gesetze und feste Arbeitszeiten, Auswirkungen auf die Gesundheit der MitarbeiterInnen haben (Carstensen, 2015; Tran & Sokas, 2017). Die ungesicherten ergonomischen Bedingungen können dazu beitragen. Dies könnte sich langfristig auf die noch recht junge Gruppe der ArbeitnehmerInnen auswirken, was dadurch auch Einfluss auf ihr Wohlbefinden nimmt. Allerdings zeichnet sich eine neutrale bis leicht negative Position der PlattformarbeiterInnen hinsichtlich ihrer Arbeitsbedingungen ab. Dies könnte sich im Hinblick auf die zukünftige Entwicklung verstärken, sollten keine Regulierungsmaßnahmen ergriffen werden. Hieraus ergibt sich weitere Forschungsbedarf in dem Feld, um die derzeitige Entwicklung konkreter zu Erfassen.

5.3. Limitationen

Generell sei an dieser Stelle auf die limitierenden Faktoren im Kontext der Innovations- und Zukunftsforschung verwiesen. So reicht diese erste Studie nicht aus, um konkrete Aussagen über die Zukunft tätigen zu können. Vielmehr zeigt sie erste Impulse für weitere Forschung auf, um hieraus ableitend Zukunftsaussagen tätigen zu können. Hier existiert ein Diskurs, der Geltungsfragen zu und über Zukunftsaussagen im Mittelpunkt hat (Grundwald, 2009). Da es jedoch bei der Innovations- und Zukunftsforschung nicht um das Ableiten sicherer oder unsicherer Zukünfte geht, sondern um das Aufzeigen logischer Gründe für oder gegen eine potentielle Zukunft, steht vielmehr die Argumentation im Vordergrund, die durch valide und empirisch nachgewiesen Phänomene gestärkt wird. Durch die hier dargestellte Studie wurde ein Versuch einer empirischen Analyse der Gegenwart unternommen, um auf künftige Gegenwarten zu schließen.

Weiterhin haben die Struktur und Durchführung der Studie zu einer Reihe von Einschränkungen geführt. Eine Einschränkung ist die Bewerbung der Umfrage über Social Media-Plattformen. Folgsam können mögliche Konsequenzen eine unerwünschte Auswahl oder/und Beeinflussung der TeilnehmerInnen sein.

Die Stichprobe der Studie stellt eine weitere Einschränkung dar: Nicht alle potenziellen Akteure, die mit digitalen Medien arbeiten, wurden befragt, sondern die Stichprobe repräsentiert lediglich eine Auswahl. Das bedeutet, dass der Bereich des plattformbasierten Arbeitens nicht in seiner Gesamtheit dargestellt werden kann, sondern nur eine Auswahl von Potenzialgruppen und deren Arbeitsweise sowie Zufriedenheit. Dementsprechend ist es nur eingeschränkt möglich, durch die selektive Auswahl der Stichgruppe Rückschlüsse auf den Teilbereich in der Gesellschaft als Ganzes zu ziehen.

Diese Studie konzentrierte sich auf Deutschland, was eine weitere Einschränkung zur Folge hat. Die Ergebnisse gelten daher nur für den begrenzten Raum, wurden aber in der Diskussion mit einem internationalen Kontext verglichen. An dieser Stelle wird auf die Bedeutung der Erfassung des Phänomens nicht nur global und international, sondern zusätzlich auch national hingewiesen. Dadurch können die unterschiedlichen Entwicklungspfade der einzelnen Länder besser nachvollzogen und individuelle Merkmale verständlich gemacht werden.

Eine weitere Einschränkung ist die Fragebogenkonstruktion. Aufgrund der thematischen Breite konnte keine vertiefende Untersuchung einzelner Punkte durchgeführt werden. Diese thematische Breite wurde jedoch in der Studie gewählt, um mögliche Probleme und positive Effekte zu identifizieren, die in weiteren Studien genauer betrachtet werden sollen.

6. Fazit und Ausblick

Die Relevanz plattformbasierter Arbeit nimmt im Zuge der Digitalisierung zu. Durch die Ausdifferenzierung vergleichsweise neuer zeit- und ortsunabhängiger Tätigkeiten sowie der Vermittlerrolle, die Plattformen einnehmen, verlagert sich Arbeit zunehmen in den digitalen Bereich. In diesem Beitrag wurde entsprechend aus einer interdisziplinären Perspektive, konkret der Arbeitswissenschaft sowie der Innovations- und Zukunftsforschung versucht das derzeitige Bild mittels einer quantitativen Onlineerhebung zu schärfen. Kern stellte eine im Jahr 2018 durchgeführte Umfrage unter plattformbasierten Arbeitnehmern vor. Im Mittelpunkt der Webbefragung stand die Erfassung der derzeitigen Situation, die u. a. folgende Aspekte umfasst: die Soziodemographie der plattformbasierten Arbeitnehmer, ihre Arbeitsbedingungen und ihre Zufriedenheit mit der eigenen Situation. Die TeilnehmerInnen der Umfrage waren überwiegend männlich und jungen Alters. Der Bildungshintergrund ist vielfältig (von akademischem Hintergrund reichend bis hin zur Lehre und Arbeitslosigkeit). Die Befragten arbeiten oft von Daheim aus, aber selten am Abend oder am Wochenende. Insgesamt sind mehr als die Hälfte von ihnen relativ zufrieden und fühlen sich nicht krank. Für die zukünftige Entwicklung kann an dieser Stelle vermutet werden, dass diese Form der digitalen Arbeit zwar insbesondere von jüngeren Menschen ausgeübt werden wird, jedoch Einzug in die breite Gesellschaft finden wird. Weiterhin wird vermutet, dass Digitalisierungseffekte sich auf die institutionalisierte Definition von Arbeit auswirken werden und neue Modelle des Arbeitens Einzug in die Gesellschaft halten werden. Dies wird insbesondere durch den Umstand der Corona-Krise wahrscheinlich: Durch das Verlagern des Normalarbeitsverhältnisses in den Bereich des Home-Office könnte eine strukturelle Annährung an den Bereich der Plattformarbeit erfolgen. In dem Kontext könnte eine zeitliche und örtliche Flexibilisierung des Normalarbeitsverhältnisses stattfinden, die sich begünstigend auf Plattformarbeit wirken könnte. Gleichzeitig wäre zu untersuchen, ob und inwiefern Merkmale der Plattformarbeit Kennzeichen einer neuen „Normalarbeit“ werden könnten.

Die Ergebnisse der Studie legen nahe, dass weitere ethische, rechtliche und soziale Faktoren in der plattformbasierten Arbeit näher untersucht werden sollten, um weitere relevante Aspekte und Dimensionen sowie Chancen und Risiken aufzudecken, die die Entwicklung und Institutionalisierung des Gebiets derzeit und vor allem zukünftig unterstützen können. Weitere Fragen, die sich für die zukünftige Forschung stellen, sind: Gibt es Unterschiede in der Zufriedenheit in den einzelnen Arbeitsbereichen der plattformgebundenen Arbeit? Welche ethischen, rechtlichen und sozialen Dimensionen, die in der Studie nicht behandelt werden, beeinflussen das Feld? Wie funktioniert die Interaktion zwischen PlattformmitarbeiterInnen, PlattformbetreiberInnen und Kunden? Gibt es Probleme oder Spannungsfelder, die auftreten?

Durch die zunehmende Verbreitung der plattformbasierten Arbeit durch Digitalisierungseffekte gewinnt die Erforschung dieses aufstrebenden Berufsbereichs an Bedeutung. Neben der Darstellung der aktuellen Situation der plattformbasierten ArbeitnehmerInnen ist es ebenso wichtig, sich mit diesen Fragen zu befassen, um Maßnahmen für eine positive Entwicklung in diesem Bereich abzuleiten. Hierzu bietet die vorliegende Untersuchung einen Impuls, um mittels der Methoden der Arbeitswissenschaft sowie der Innovati0ns- und Zukunftsforschung eine vertiefende Analyse des Feldes vorzunehmen. Konkret werden durch weitere empirische Analysen Daten erhoben, die dazu dienen sollen, Aussagen zu tätigen, die die potentiellen Entwicklungen des Feldes inkludieren sollen.

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Deklaration

Katharina Schäfer, M.A.: Katharina Schäfer ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl und Institut für Arbeitswissenschaft der RWTH Aachen University. Sie promoviert im Bereich der Innovations- und Zukunftsforschung.

Lehrstuhl und Institut für Arbeitswissenschaft der RWTH Aachen University, Bergdriesch 27, 52062 Aachen, Tel +49 241 80 99488, k.schaefer@iaw.rwth-aachen.de

Prof. Dr. Dr. Axel Zweck: Axel Zweck ist Abteilungsleiter am VDI Technologiezentrum in Düsseldorf und Honorarprofessor für Innovations- und Zukunftsforschung an der RWTH Aachen University.

VDI Technologiezentrum GmbH, VDI Platz 1, 40468 Düsseldorf, Tel +49 211 6214-572, zweck@vdi.de



[1] Stanford (2017) verweist in dem Kontext darauf, dass nach dem zweiten Weltkrieg oftmals Tätigkeiten ohne ein „standard employment relationships“ (SER) durchgeführt worden sind (Mehr dazu bei Stanford; 2017).

[2] Eine vertiefende Untersuchung der Begrifflichkeiten rund um die plattformbasierte Arbeit kann bei Heeks (2017) gefunden werden.

[3] An dieser Stelle sei darauf verwiesen, dass Plattformarbeit nicht per se männlich ist und die hier vorgestellten Studien nur eine Facette der Plattformarbeit, nicht aber die gesamte Erforschung geschlechterspezifischer Merkmale in dem Gebiet darstellt.

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